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16.8.1960: Zypern unabhängig
Alle scheinen sie einmal auf dieser Insel im östlichen Mittelmeer geherrscht zu haben: Assyrer, Ägypter, Perser, Griechen und Römer haben hier ihre Spuren hinterlassen. Byzanz herrschte hier, Richard Löwenherz, die Franken und Venedig. Bis die Insel 1571 von den Türken erobert und dem Osmanischen Reich angegliedert wird.

Dem türkischen Festland vorgelagert, wird Zypern von den Türken historisch als türkische Insel betrachtet. Und man stört sich nicht daran, dass es eine griechisch-sprachige und griechisch-orthodoxe Bevölkerungs-Mehrheit auf Zypern gibt. Wie anderswo im osmanischen Reich auch gesteht man den verschiedenen Volksgruppen weitgehende Autonomie - vor allem in zivilrechtlichen Angelegenheiten - zu.

Ein kluges Verhalten, denn die zypriotische Kirche genießt bereits seit dem Konzil von Ephesus im Jahre 431 ihre Selbständigkeit, und daran zu rühren, droht unweigerlich zu Spannungen zu führen.

Der "Kranke Mann am Bosporus" - das schwächer werdende Osmanische Reich - bietet Großbritannien wiederholt an, die Kontrolle über Zypern zu übernehmen: Für die Briten ein wichtiger Punkt zum Schutz seiner Seewege nach Indien, für Konstantinopel zusätzlicher Schutz gegen die befürchtete russische Gefahr.

1878 kommt Zypern unter britische Verwaltung. Als die Türkei dann im ersten Weltkrieg sich auf die Seite Deutschlands stellt, annektiert London die Insel und macht sie 1925 zur Kronkolonie.

Großbritannien ist schon früh konfrontiert mit einer nationalistischen Bewegung der Inselgriechen, die "Enosis" fordert den Anschluss an Griechenland, dessen nationale Wiedergeburt vielen Zyprioten zum Vorbild wird.

"Enosis" wird auch und besonders von der Kirche gepredigt, und es kommt bald zur Konfrontation zwischen den Briten und griechisch-nationalistischen Kirchenführern. Einer von diesen ist Erzbischof Makarios, der politische Führer des wachsenden Widerstandes gegen die Briten. Den militärischen und terroristischen Widerstand führt General Georgios Grivas an, der Befehlshaber der EOKA-Untergrundbewegung, der wie hier 1955 zum bewaffneten Kampf aufruft.

Es beginnen Verhandlungen zwischen Briten und Vertretern der Volksgruppen sowie Griechenlands und der Türkei. Der Untergrundkampf aber geht weiter. 1956 wird Makarios auf die Seychellen verbannt, auf die Auseinandersetzungen aber hat das kaum Auswirkung.

1958 darf er zunächst nach Athen zurückkehren, von wo er den Kampf um die Unabhängigkeit fortsetzt. 1959 vereinbaren Großbritannien, Griechenland und die Türkei die Gründung der Republik Zypern zum 16. August 1960. Makarios wird ihr erster Staatspräsident, und der britische Gouverneur, Sir Hugh Foot, verabschiedet sich.

Um die Rechte der türkischen Minderheit, die nur ein Fünftel der Bevölkerung ausmacht, zu sichern, treten die drei Staaten als Garantiemächte auf und wird den Inseltürken in der Verfassung ein Vetorecht in wichtigen Fragen eingeräumt. Das Verfassungsgericht wird von einem deutschen Staatsrechtler geleitet.

Es dauert nicht lange, bis es zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen zum offenen Streit kommt. Die Griechen fühlen sich durch das Vetorecht der Türken beeinträchtigt, und als Makarios diese Rechte aufhebt, brechen 1963 interkommunale Kämpfe aus, die nur mit Hilfe der Garantiemächte beendet werden. Eine UNO-Truppe und eine UNO-Polizei werden auf Zypern stationiert.

Beide befinden sich noch heute auf der Mittelmeerinsel, denn eine Lösung bleibt aus. 1967 brechen neue Unruhen und Kämpfe zwischen Griechen und Türken auf der Insel aus, im Juli 1974 aber beschlossen die inzwischen in Athen herrschen Obristen, Makarios zu stürzen und den Anschluss der Insel zu erzwingen: Makarios kann fliehen, die Türkei setzt Truppen in Bewegung, um die Sicherheit der Inseltürken zu gewährleisten.

Ministerpräsident Bülent Ecevit kann sich auf die Rechte der Garantiemächte berufen, er geht aber weiter: seine Truppen besetzen - in zwei Kampf-Runden - etwa 40 Prozent der Insel. Viele Griechen müssen aus dem Norden fliehen, Türken verlassen den Süden.

Die türkische Verwaltung des Nordens schlägt eine Föderation gleichberechtigter Provinzen vor, der zurückgekehrte Makarios lehnt ab. Trotzdem kommt es zu Verhandlungen, die aber ergebnislos bleiben. 1975 erklärt der Führer der Inseltürken, Rauf Denktash, den nur von Ankara anerkannten unabhängigen Staat.

Erzbischof Makarios stirbt überraschend 1977, und seitdem hat es zwar immer wieder Versuche gegeben, zwischen seinen Nachfolgern und Türken-Führer Rauf Denktash zu vermitteln, eine Lösung ist jedoch weiterhin nicht in Sicht.

Autor: Peter Philipp
   
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