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16.8.1988: Das Gladbecker Geiseldrama |
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"Mit dem Tod einer Geisel und mit vier zum Teil schwer Verletzten ist das Geiseldrama von Gladbeck nach 54 Stunden zuende gegangen. Die Polizei stoppte das Fluchtauto der beiden Gangster auf einer Autobahn im Siebengebirge. Es kam zu einer wilden Schießerei."
So oder ähnlich lauteten die Nachrichten zwei Tage später. Hinter diesen lapidaren Zeilen endet ein Medien- und Polizeidrama, wie es bis dahin in Westdeutschland noch nicht gegeben hatte.
Rückblick: Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner überfallen in Gladbeck brutal die Filiale der Deutschen Bank und nehmen zwei Angestellte als Geiseln. Sie fordern 300.000 Mark und ein schnelles Fluchtfahrzeug. Beides wird ihnen gewährt. Doch dann nimmt das Drama seinen Lauf.
Noch am gleichen Abend kapern die beiden einschlägig vorbestraften Gewaltverbrecher einen Linienbus mit 25 Fahrgästen. Sie haben neue Forderungen, die sie kaltblütig über die herbeigeeilten Journalisten und Fernsehteams der Polizei zukommen lassen. Die Gangster geben bereitwillig Interviews in laufende Kameras und Mikrofone, drohen unverhohlen, den ganzen Bus in die Luft zu sprengen, falls auf ihre weitere Geldforderung nicht eingegangen wird.
Das ZDF strahlt zur besten Sendezeit Interviews mit Rösner und Degowski aus. Währenddessen das erste Todesopfer: Hilflos muss die Polizei mit ansehen, wie ein 15-jähriger Italiener erschossen wird, weil übereifrige Kollegen versuchen, die Komplizin Marion Löblich vor den Augen der Täter zu überwältigen, was den Mord an den Jungen geradezu provoziert.
Die Fluchtautos werden gewechselt, ebenfalls die Geiseln ausgetauscht. Zwei junge Frauen aus dem Bus werden gezwungen, das Gangster-Duo samt Komplizin zu begleiten. Unbehelligt fahren die beiden Schwerverbrecher von Bremen aus nach Holland und zurück ins Ruhrgebiet.
Für den Reporter des Westdeutschen Rundfunk Ulrich Leidholdt zeigt sich die Situation folgendermaßen: "Am späteren Vormittag hatte sich herauskristallisiert, dass der Wagen in Köln war, in die Fußgängerzone, an einem Imbissstand. Fußgänger und Journalisten drängten sich um den BMW. Es war keine Polizei zu sehen. Vorne saß Rösner mit seiner Freundin und hinten Degowski mit den beiden Geiseln. Eine davon, Silke Bischof, wurde mit einer Waffe bedroht. Eine fast widersinnige Szene. Von Polizei war weit und breit nichts zu sehen."
Die in Massen herbeigeeilten Journalisten zeigen sich als gierige Meute, jedes Mittel ist ihnen recht, um an Interviews und Bilder zu kommen:
"Immer mehr Menschen sammelten sich um den Wagen - ein makaberes Szenario. Journalisten interviewten Geiseln und Geiselnehmer, und eine besonders makabre Szene war, als ein Fotograf eines Kölner Boulevardblattes zu Degowski sagte: 'Halte ihr die Waffe noch mal an die Schläfe - ich habe das Foto noch nicht'."
Peinlich bis gefährdend das Verhalten der Polizei, wie Ulrich Leidholdt beobachten kann: "Kritisch auch das Verhalten der Polizei. Ein Polizeisprecher, der in Zivil auftauchte und sich unter die Menschen mischte, fragte einen Geiselnehmer: Was würden sie machen, wenn die Polizei auftaucht? Und Rösner antwortete: Dann gibt es hier ein Blutbad."
Ungehindert fahren die Gangster mit ihren Geiseln aus der Kölner Innenstadt auf die Autobahn Richtung Frankfurt, begleitet von einem stattlichen Pressekonvoi. Doch die Flucht endet mit einem Blutbad. Spezialeinheiten rammen das Fahrzeug auf der Höhe von Bad Honnef, eine wilde Schießerei beginnt. Eine Geisel, die 18-jährige Silke Bischof, ist sofort tot, die zweite Geisel angeschossen und die beiden Gangster und ihre Komplizin schwer verletzt.
Erste Reaktion des damaligen Kölner Polizeipräsidenten Jürgen Hosse: Die Polizei habe die Situation nicht mehr beherrscht.
Autorin: Doris Bulau |
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