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15.8.1926: Telefonieren ohne Vermittlung |
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Nichts einfacher als telefonieren: Schon kleine Kinder können heute eine Zahlenkombination eintippen und mit etwas Glück ist die Kita-Freundin oder Mama oder Papa am Apparat. Doch das war nicht immer so. Noch lange nach der Erfindung des Sprachübermittlungsapparates durch Philipp Reis im Jahre 1861 war telefonieren ein zeit- und nervenaufreibender Vorgang.
Zuerst nämlich hieß es kräftig kurbeln, Stromkreis aufbauen, dann dem "Fräulein vom Amt" mitzuteilen, wen man zu sprechen wünsche. Die Dame saß in einer zentralen Vermittlungsstelle vor einem so genannten Klappenschrank, der seinen Namen seiner Technik verdankte. Anrufe wurden ihr durch Herabfallen von Nummernklappen signalisiert. War man an der Reihe, fragte sie höflich: "Hier Amt, was beliebt?" und stellte die gewünschte Verbindung her.
Die erste Telefonvermittlung wurde am 17. Mai 1877 in Washington mit fünf Teilnehmern hergestellt, Vier Jahre später, 1881, nahm das erste Fräulein vom Amt in Berlin den Dienst auf. Ein Fräulein, das ursprünglich übrigens männlich war - bei Frauen glaubte man das Briefgeheimnis nicht gesichert und man zweifelte an ihrer Durchsetzungsfähigkeit.
Vorteile höherer Stimmlagen
Doch dann erkannte man, "dass die höhere Stimmlage des weiblichen Organs die Schallwellen leichter verständlich macht und männliche Teilnehmer friedlicher werden, wenn ihnen aus dem Telefon eine Frauenstimme entgegen tönt".
Von Stund an durften Frauen diesen nicht gerade fürstlich entlohnten Dienst versehen. Schnell erfreute sich das Telefonieren großer Beliebtheit. Und die Fernsprechgehilfin, wie das Fräulein eigentlich wirklich hieß, war mit der steigenden Zahl der Anschlüsse heillos überfordert.
In den Ämtern standen dicht an dicht Klappenschrank an Klappenschrank. Verbindungen von einem Kasten zum anderen wurden durch Zuruf bewerkstelligt. In den Hauptgeschäftszeiten kam es so zu einem heillosen Durcheinander, falsche Verbindungen und vergessene Teilnehmer waren in diesem Lärm an der Tagesordnung.
Selbstanschlussbetrieb
Abhilfe schafften die Amerikaner. 1889 erfand Almon Strowger einen Hebdrehwähler mit dessen Hilfe die erste automatische Vermittlungsstelle drei Jahre später in der Nähe von Chicago ihren Dienst aufnehmen konnte. Strowgers Erfindung hatte einen rein ökonomischen Hinetrgrund: Er war Leichenbestatter und ärgerte sich damals darüber, dass bei Todesfällen die Damen der Vermittlung die Gespräche stets nur zu einem bestimmten Leichenbestatter, und eben nicht zu ihm, durchschalteten.
Bald schwappte die Entwicklung, die die deutschen Postler Selbstanschlussbetrieb nannten, über den großen Teich nach Europa und Deutschland. Siemens und Halske nahmen sich der Erfindung an und passten das amerikanische System hiesigen Verhältnissen an.
Im Jahre 1926 dann war es soweit: Das Kind bekam einen neuen Namen - statt Selbstanschlussbetrieb wie noch in der Versuchsphase, hieß es von dann an modisch schlank Wählbetrieb und die Berliner durften davon profitieren. Nach und nach wurde die Millionenstadt mit der kostspieligen Technik ausgestattet.
Kinderleichtes Telefonieren
Der Selbstanschlussbetrieb war technisch leistungsfähiger und im Verschleiß wesentlich geringer als die Einrichtungen für Handbetrieb. Trotz der höheren Anschaffungskosten war er wirtschaftlicher als der Handbetrieb. Eine große Anzahl von Arbeitskräften konnte eingespart werden und für die Teilnehmer hatte es auch Vorteile: man brauchte nicht zu warten.
Nicht mehr warten, nur noch wählen. Telefonieren wurde kinderleicht. Sollte man meinen - doch die Post dachte anders. "Anweisungen zur Benutzung der Fernsprecheinrichtungen" mit 13 Hauptregeln wurden dem Telefonkunden 1926 zum Selbstanschlussbetrieb gleich mitgeliefert. Erklärt wurde zum Beispiel Wie wähle ich richtig?": "Die Scheibe wird hierbei durch Einstecken eines Fingers in eine der mit den Ziffern Eins, Zwei, Drei, Vier, Fünf, Sechs, Sieben, Acht, Neun, Null bezeichneten Öffnungen erfasst, soweit rechts herum gedreht, bis der Finger an dem Anschlag am Ende der Ziffernreihe anliegt und sodann losgelassen. Die Scheibe kehrt hierauf selbsttätig in ihre Ruhelage zurück."
Autorin: Gerda Gericke |
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