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16.8.2005: Taizé-Gründer Frère Roger ermordet
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Sein Leben lang kämpft Frère Roger für Frieden und Aussöhnung. Im französischen Taizé gründet er 1940 die Communauté de Taizé, einen ökumenischen Männerorden. Bekannt wird die Bruderschaft durch das jährlich ausgerichtete Jugendtreffen unterschiedlicher Konfessionen. Am 16. August 2005 ersticht eine psychisch kranke Frau den 90-jährigen in Taizé beim Abendgebet.

Frère Wolfgang, einer der Brüder von Taizé, war am Tattag in der Kirche, er sagte später: "Abends war das so, dass wir ins Gebet kamen und das war das erste Mal wo ich erlebt habe in Taizé, dass ein korrekt angestimmter Gesang plötzlich abbrach durch einen Schrei. Frére Roger saß ja immer ganz hinten bei den Brüdern, weil er sagte, wenn die Leute kommen, müssen wir bei ihnen sein. Und die Frau hat das ausgenützt, ist blitzschnell, wie das bei krankhaften Akten so ist, auf ihn zugestürzt und niemand konnte irgendwie reagieren. Und dann wurde Frère Roger rausgetragen und das habe ich gesehen und auch das Blut. Um zu verhindern, dass da irgendeine Panik entsteht, haben wir gleich wieder ein Lied angestimmt und da hab ich mir damals gedacht, kein Mensch hat das Recht unser Gebet abzubrechen."

Freude, Einfachheit und Barmherzigkeit

Roger Louis Schutz-Marsauche, wie Frére Roger mit bürgerlichem Namen heißt, wird 1915 als Sohn einer Französin aus Burgund und eines reformierten Pfarrers in der Schweiz geboren. Er studiert Theologie in Lausanne und Straßburg. Im Jahr 1940 bricht er 25-jährig mit dem Fahrrad nach Frankreich auf, um einen Ort für ein gemeinschaftliches Leben mit Gebeten und Gastfreundschaft zu suchen. Frère Wolfgang beschrieb Frère Rogers Vorhaben: "Was er wollte ist, dass eine Gemeinschaft von Christen, die aus verschiedenen Konfessionen kommen, dass sie gemeinsam an einem Strick ziehen, mit einer Stimme sprechen in allen Dialekten. Als ein Zeichen, dass die Christen nicht verurteilt sind, in Christus einander im Stich zu lassen. Vielleicht könnte man auch noch auf drei Worte hinweisen, die Frére Roger sein Leben lang geprägt haben, nämlich Freude, Einfachheit und Barmherzigkeit."

Die Communauté de Taizé

In dem kleinen verlassenen Dorf Taizé in Burgund bezieht Frère Roger mit Gleichgesinnten ein verlassenes Herrenhaus. In den ersten Jahren finden Flüchtlinge, vor allem Juden, Schutz vor den Nationalsozialisten. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind es deutsche Kriegsgefangene derer sich Roger annimmt. 1949 legen die ersten sieben Brüder ein Ordensgelübde ab. Mit der Communauté de Taizé entsteht die erste ökumenische Ordensgemeinschaft der Kirchengeschichte. Das Leben in dieser Brüdergemeinschaft ist bestimmt von Gebet und Arbeit, wie Frère Wolfgang erläuterte: "Ganz praktisch haben wir hier dreimal gemeinsame Gebete am Tag, die wir ungeheuer vereinfacht haben, diese Gebete sind das Rückgrat unseres Lebens. Und dazu kommt, dass wir produzieren und die Produkte wie zum Beispiel Geschirr, Töpfergeschirr oder auch Bücher und so weiter hier den Leuten anbieten in einer Verkaufsausstellung. Wir erarbeiten unser Geld selber. Und dann natürlich die Aufgabe auch, dass gemeinsame Leben, weil jede Beziehung zwischen Menschen auch zwischen uns Brüdern braucht Zeit."

In der Brüdergemeinschaft von Taizé leben 2009 knapp 100 Brüder aus 25 Nationen. Vor allem junge Menschen fühlen sich von der ökumenischen Gemeinschaft angezogen. Es gibt wöchentliche und jährliche Jugendtreffen zu denen bis zu 60.000 junge Pilger aus allen Erdteilen in den kleinen burgundischen Ort strömen. Dazu sagte Frère Wolfgang: "Vielleicht grad weil wir Brüder nicht direkt etwas für Jugendliche machen, kommen sie. Wir wissen es nicht ganz genau. Aber sie haben wohl den Eindruck, dass sie hier einen Spielraum haben, dass sie hier angenommen sind, so wie sie sind. Es ist irgendwie etwas fast zweckfreies, etwas was so dazukommt und ich glaub das löst dann auch wie so ein Fest aus."

Gemeinschaft der Güte des Herzens und der Einfachheit

Die Leistung Frère Rogers und der Communauté de Taizè besteht jedoch nicht nur in der Jugendarbeit. Als aktive Berater nehmen Brüder aus Taizè Anfang der 1960er-Jahre am 2. Vatikanischen Konzil teil, arbeiten im Weltkirchenrat mit und halten Kontakt zu den anderen christlichen Kirchen. Auf Frére Rogers Anregung hin leben seit den 1950er-Jahren kleine Brüdergemeinschaften mit Besitzlosen in Asien, Afrika und Lateinamerika, worüber Frère Wolfgang sagte: "Er hat sehr früh erkannt, dass wir als Communauté zwar uns zurückziehen müssen, um ein Stück in der Stille zu leben hier in Taizé, aber dass auch das zu einem Dornröschenschloss werden könnte."

Der gewaltsame Tod von Roger hat die Brüdergemeinschaft in Taizé erschüttert. Unter seinem lange zuvor bestimmten Nachfolger Frère Alois nimmt die Besucherzahlen der Jugendtreffen jedoch zu und viele neue Brüder kommen in die Gemeinschaft. Frère Rogers Idee einer Gemeinschaft in der es um die Güte des Herzens und Einfachheit geht, findet weiter Gehör, wie die Gesänge der Brüder von Taizé.


   
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