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1.6.1951: Erster Botschafter der Bundesrepublik
"Dr. Clemens von Brentano überreichte am Freitag dem italienischen Staatspräsidenten Luigi Einaudi sein Beglaubigungsschreiben als Botschafter der Bundesrepublik. Vor dem Sitz des Staatspräsidenten, dem Palazzo Quirinale, schritt er die Front einer Ehrenwache ab. Der Empfang beim Staatspräsidenten wickelte sich in streng vorgeschriebenem Zeremoniell ab. Vor Pressevertretern erklärte von Brentano, dass er als Vertreter eines wirklich neuen Deutschlands nach Italien gekommen sei, das die 'Thesen der Vergangenheit' völlig aufgegeben habe."

So lautete eine kurze dpa-Meldung in den deutschen Zeitungen am 2. Juni 1951. Doch diese erste Berufung eines deutschen Botschafters nach dem Zweiten Weltkrieg im Ausland war keineswegs selbstverständlich. Deutschland hatte die entsetzliche Erbschaft des Krieges und des Nationalsozialismus zu tragen und zu akzeptieren, um die internationale Achtung einmal wiederzuerlangen.

Der 1949 gegründete neue deutsche Staat war noch nicht souverän und durfte bis dahin noch keine Botschafter haben, weshalb Generalkonsuln deutsche Interessenvertretung im Ausland übernahmen.

Hintergrund

Es war die Zeit des Kalten Krieges und des Koreakrieges, und die USA und Großbritannien drängten auf einen deutschen Beitrag zur Verteidigung des Westens. Manchen Nachbarn Deutschlands, allen voran Frankreich, war das Tempo, in dem die Deutschen in die Gemeinschaft der freien Völker zurückgeführt werden sollte, viel zu schnell.

Zu den Gründen, warum gerade Italien als erstes Land einen deutschen Botschafter akkreditierte, gehörte die enge Zusammenarbeit der beiden Länder im Zweiten Weltkrieg und die Tatsache, dass beide Länder nach der Diktatur besonders engagiert waren, in einem demokratischen Neuaufbau zu beweisen, dass sie anders sein konnten.

Das war der historische Hintergrund, vor dem Clemens von Brentano im Alter von 64 Jahren sein Amt als Botschafter antrat. Seit dem Winter 1950 hatte er bereits die deutschen Interessen als Generalkonsul vertreten.

Bescheidenheit

Die deutsche Botschaft teilte sich damals ein Gebäude mit der Ölgesellschaft Shell. Sie verfügte über spärlich eingerichtete Büroräume und hatte nur einen Telefon-Nebenanschluss. Die deutsche Diplomatie trat nach dem Krieg notwendigerweise bescheiden auf. Bei Brentano war Bescheidenheit darüber hinaus ein wesentlicher Zug seines Charakters.

Brentano entstammte einer lombardischen Adelsfamilie, die im 17. Jahrhundert nach Süddeutschland eingewandert war. Zu seinen Vorfahren zählte der romantische Dichter Clemens von Brentano und dessen Schwester Bettina, spätere von Arnim. Bereits in den 1920er-Jahren hatte sich Brentano Ansehen erworben, als er als Botschaftsrat der deutschen Vertretung beim Vatikan zugeteilt war. Mit dem damaligen Außenminister Gustav Stresemann befreundet, wurde er nach dessen Tod aus politischen Gründen zur Disposition gestellt und verließ bald darauf den Auswärtigen Dienst.

Während der Zeit des Nationalsozialismus war Brentano, der zeitweise als Zentrumsabgeordneter im Reichstag saß, in den dauernden Ruhestand versetzt. Unbelastet von der Vergangenheit wurde seine Berufung allgemein als glückliche Wahl betrachtet.

Erste Schritte

Nach sechsjähriger Amtstätigkeit trat Clemens von Brentano 1957 in den Ruhestand und zog sich nach Meran zurück, wo er bis zu seinem Tod am 20. Juni 1965 lebte.

Brentanos Akkreditierung 1951 war ein erster Schritt zur völkerrechtlichen Gleichberechtigung der jungen Bundesrepublik. Aber es musste noch viel geschehen, bis der neue deutsche Staat 1955 seine Souveränität erhielt und als gleichberechtigter Partner von seinen europäischen Nachbarn akzeptiert wurde.


Autor: Peter Tapp
 
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