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12.3.1938: Einmarsch in Österreich
So hatten sich selbst viele österreichische Deutschnationale eine Vereinigung mit Hitlers Reich nicht vorgestellt: durch militärische Besetzung am 12. März 1938. Aber die Tausenden von Begeisterten, die das Land für Jahrzehnte international beschädigt haben: Waren sie denn nicht ein Beweis für den - "Volkswillen" des bettelarm gewordenen Reststaats der untergegangenen K.u.K.-Monarchie? Dennoch: Die NSDAP erreichte bei ihrer ersten Kandidatur zu den österreichischen Nationalratswahlen 1931 erbärmliche drei Prozent.

Der wegen Fahnenflucht aus der Republik Österreich ausgebürgerte, aus Braunau gebürtige, gescheiterte Kunstschüler, der - in Deutschland zum Reichskanzler aufgestiegen - von triumphaler Rückkehr träumte, erkannte denn auch bald: Österreich ließ sich nicht auf demokratischem Weg knacken. Grünes Licht daher für die Schlägerbrigaden der SA. Sie sollte für Unruhen sorgen.

Macht von außen

Dann, am 25. Juli 1934, drangen braune Putschisten in das Kanzleramt auf dem Wiener Ballhausplatz. Eine Kugel des österreichischen Nationalsozialisten Otto Planetta traf den Bundeskanzler und Todfeind Hitlers, Engelbert Dollfuß, der zwei Stunden später starb, ohne dass die Mordbande einen Arzt oder einen Priester zu ihm gelassen hatte. Die geplante Überrumpelung des gesamten Wiener Regierungsapparats - sie scheiterte allerdings. Hitlers Konsequenz: geballte militärische Macht von außen.

Zu spät versuchte der christlich-soziale Dollfuß-Nachfolger Kurt Schuschnigg den Schulterschluss mit der Sozialdemokratie, um für den 9. März 1938 eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Österreichs zu proklamieren. Sowohl die österreichische Regierung als auch Hitlers Gestapo rechneten - und diese übereinstimmende Prognose beider Seiten ist bezeichnend - mit zwischen 65 und 70 Prozent Nein-Stimmen gegen den Anschluss.

Deshalb wurde ein in Wien nie abgeschicktes Telegramm des Hitler-Stadthalters Arthur Seyß-Inquart mit der Bitte der österreichischen Regierung um deutsche Militärhilfe in Berlin glatt gefälscht. Der Vorwand zum Einmarsch am 12. März. Seyß-Inquart hat bis zu seiner Hinrichtung in Nürnberg 1946 daran festgehalten, die deutsche Wehrmacht nicht ins Land geholt zu haben.

Nationalsozialistische Aggression

Dennoch tönte er einen Tag nach dem Einmarsch, an jenem berüchtigten 13. März 1938 auf dem Wiener Heldenplatz: "Dem deutschen Volk und der ganzen Welt verkünde ich, dass Adolf Hitler als Führer und Reichskanzler zur Stunde in die Burg der alten Reichshauptstadt, der Hüterin der Krone des Reiches, eingezogen ist."

Die Stunde der Genugtuung nach den Demütigungen durch das Land seiner Jugend war für Hitler gekommen. Und es klang wie ein Hohn: "Ich spreche im Namen der Steirer, der Nieder- und Oberösterreicher, der Kärntner, der Salzburger, der Tiroler - und vor allem im Namen der Stadt Wien. Als Führer und Kanzler der deutschen Nation und des Reichs melde ich vor der deutschen Geschichte nunmehr den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich!"

Rund 300.000 jubelnde Menschen auf dem Wiener Heldenplatz. Viele freiwillig, andere von der SA mit Bussen herangekarrt. Was Josef Goebbels Wochenschauen nicht zeigten: Die 70.000 Österreicher, die in den folgenden Wochen verhaftet und in Gefängnisse oder Konzentrationslager abgeführt wurden. Nach Dachau, Buchenwald, später Mauthausen. Und es lässt sich kaum als alpenländische Unschuldsrhetorik abtun, dass diesem Land bereits 1943 von den Alliierten in Moskau bescheinigt worden ist: Österreich war das erste Opfer nationalsozialistischer Aggression.



Autor: Gerhard Appeltauer
   
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