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5.6.1947: Marshallplan verkündet |
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Die Brotrationen seien auf eine dünne Scheibe pro Tag zusammengeschnurrt, meldete der Londoner "News Chronicle" aus dem Rheinland. Düsseldorfer Gewerkschafter warnten bereits vor Unruhen. Und nicht nur in der britischen Zone, auch im US-amerikanischen Besatzungsgebiet weiter südlich kam es zu Demonstrationen und Streiks. Wegen der Hungersnot drohten Mitte Mai 1947 große Teile Deutschlands einer Krise entgegenzutaumeln.
Im gerade ausgestandenen, überaus strengen Winter war "Verhungert und erfroren" täglich die lakonische Überschrift in Zeitungen landauf, landab gewesen. Während die Selbstmordrate außer Kontrolle geriet, versuchten es die Überlebenden mit Selbsthilfe, mit, trotz strengen Verbots, Kohlenklau auf den Güterbahnhöfen. Die beiden Millionenstädte Berlin und Hamburg meldeten den Zusammenbruch ihrer wirtschaftlichen und psychischen Reserven.
Politik der Stabilisierung und Stärkung
Da nahm ein Mann an der richtigen Stelle in Washington die Ruder in die Hand: George Catlett Marshall, als Generalstabschef Organisator der US-Kriegsmaschinerie und dann Außenminister. Mit einer denkwürdigen Rede am 5. Juni 1947 in der New Yorker Harvard-Universität leitete er die Politik der Stabilisierung und Stärkung der wirtschaftlichen und politischen Widerstandskraft der westeuropäischen Staaten ein.
"Die Politik der Vereinigten Staaten richte sich nicht gegen ein Land oder eine Ideologie," erklärte Marshall, "sondern gegen Hunger, Armut, Verzweiflung und Chaos." Und: "Wer den Wiederaufbau anderer Länder zu blockieren versuche, könne keine Hilfe erwarten." Damit war der Ostblock gemeint, der sich tatsächlich ausklinkte, als das US-Auslandshilfegesetz am 3. April 1948 verabschiedet wurde.
European Recovery Program
Jetzt rollte nicht nur ein Salonwagenzug zur Erläuterung des magischen Begriffs Marshall-Plan durch die Lande; bis Mitte 1952 wurden Not leidende Länder Westeuropas mit Lebensmitteln, Dünger, Rohstoffen, Treibstoff, Maschinen und Medikamenten im Wert von rund 13 Milliarden Dollar gepäppelt.
Von der US-Nachkriegshilfe im Wert von knapp 3,3 Milliarden Dollar zahlte Bonn vertragsgemäß bis 1978 gut eine Milliarde Dollar zurück. Den Rest mussten Importeure in einheimischer Währung in sogenannte Gegenwertfonds einzahlen, die per Abkommen schon im Dezember zum ERP-Sondervermögen zusammengefasst worden waren.
Dieses Sondervermögen ist wohlweislich vom übrigen Bundesvermögen getrennt und damit auch vom Bundeshaushalt. Es wird für langfristig zinsgünstige Darlehen an die deutsche Wirtschaft, insbesondere an kleine und mittlere Unternehmen herangezogen, für die bankmäßige Abwicklung dieser ERP-Kredite sorgen die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Deutsche Ausgleichsbank.
Kein Pappenstiel das, denn von 1949 bis 1993 gab Marshalls altes Füllhorn immerhin fast umgerechnet 60 Milliarden Euro her. Noch einmal annähernd soviel ist seit der deutschen Vereinigung in die neuen Bundesländer geflossen, vornehmlich für Existenzgründungen, für Erweiterung und Modernisierung bestehender Betriebe und für den Umweltschutz. Die Kurbel, die ein George C. Marshall, der spätere Friedensnobel- und Karlspreisträger der Stadt Aachen, in Gang setzte, sie funktioniert immer noch.
Autor: Norbert Nürnberger
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