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23.4.1971: Gründung Filmverlag der Autoren
Filmemacher wie Rainer Werner Fassbinder, Peter Lilienthal, Thomas Schamoni, Wim Wenders, Hark Bohm und Hans W. Geißendörfer hatten Anfang der 1970er-Jahre Schwierigkeiten, für ihre ambitionierten Werke Produktionsgelder und Verleiher zu finden. Eine Veränderung dieser Situation, das wurde ihnen rasch bewusst, würde nur gemeinsam herbeizuführen sein.

Hilfe zur Selbsthilfe sozusagen: "In diesem Kollektiv wollen wir, die Unterzeichneten, die Produktionsmittel unserer künftigen Filme insofern gemeinsam teilen, als dass wir auf Produzentengewinne verzichten und die Reingewinne der einzelnen Filme entsprechend ihren Einspielergebnissen auf die Mitglieder, Gesellschafter und Eigentümer verteilen."

Mit einem Kredit von umgerechnet 15.000 Euro als Stammkapital entstand in München eine Organisation, die den deutschen Film von der Idee bis zur Kinoaufführung betreuen sollte. Die Arbeit des Verlages "Filmverlag der Autoren" reichte vom Lektorat über Produktion und Finanzierung, von der Vertragsdurchführung und Inkasso bis hin zum Verleih im In- und Ausland. Rainer Werner Fassbinder, Volker Hauff und Hark Bohm realisierten die ersten Filme, darunter "Effie Briest", "Nordsee ist Mordsee", "Fitzcarraldo", "Das zweite Erwachen der Christa Klages", "Die letzte Metro" und "Woyczeck".

Schwer im Regal

Schon nach einem Jahr wollte man schwarze Zahlen schreiben. Doch der Traum zerplatzte. Machwerke wie "Lass jucken Kumpel" oder "Vier Fäuste für ein Halleluja" und ähnliche Streifen belegten die deutschen Kinosäle. Die schwerer zu konsumierenden Stücke vom "Filmverlag der Autoren" hatten es schwer, in genügend Kinos gezeigt zu werden, und dort, wo sie liefen, fanden sich nicht genügend Zuschauer, um die Filme zu amortisieren. Damals freute man sich schon, wenn ein Film mehr als 100.000 Besucher zählte.

Die Schulden des Filmverlages wuchsen in nur drei Jahren auf umgerechnet mehr als halbe Million Euro an. 1974 schließlich wurde eine GmbH & Co. KG gegründet, die sich weniger auf die Produktion, als vielmehr auf den Verleih des neuen deutschen Films konzentrieren sollte. Doch das Programm lag schwer in den Regalen, darunter "Stroszeck", "Im Reich der Sinne", "Moritz lieber Moritz", "Die Spitzenklöpplerin", "Jabberwocky und Lina Braake".

1977 gewann der "Filmverlag der Autoren" überraschend einen Mäzen: Rudolf Augstein, damals Herausgeber von "Der Spiegel", der als Privatperson den Filmverlag mehrheitlich übernahm. Hierdurch reduzierten sich die Anteile der Gründer und die Geschäftsführer orientierten sich an neuen Maßstäben.

Nicht kleckern - klotzen

Erste Erfolge stellten sich ein. "Theo gegen den Rest der Welt", eine Geschichte über einen jungen vermeintlichen Verlierer, gespielt von Marius Müller Westernhagen, brach mit über drei Mio. Zuschauern 1980 alle Rekorde, später nur noch getoppt vom Film "Männer" der Regisseurin Doris Dörrie, auch dieser vertrieben vom "Filmverlag der Autoren".

Inzwischen lieferten sich verschiedene Geschäftsführer einen erbitterten Erfolgskrieg, der Orion-Verleih wurde übernommen, der "Filmverlag der Autoren" nach dem Motto "Nicht kleckern - klotzen" ausgebaut. Der "Filmverlag der Autoren" vertrieb zwar Leckerbissen wie Woody Allens "Broadway Danny Rose", aber auch Produktionen, von denen sich viele Gründungsmitglieder distanzierten: "Das turbogeile Gummiboot", "Ach du lieber Harry - Klamauk mit Dieter Hallervorden", "Mc Qade - der Wolf", "Terminator" und "Atemlos".

Streit kam auf. Die Genossenschaftsidee vom April 1971 zerbrach an Einzelinteressen. Wim Wenders wollte z.B. mehr Geld für seinen Erfolg "Paris Texas", andere wollten immer teurere Produktionen realisieren, die der Filmverlag aber nicht auf die Beine stellen konnte. Rudolf Augstein, beinahe Alleineigentümer des Filmverlages, verkaufte schließlich, nachdem er umgerechnet geschätzte fünf Mio. Euro investiert - oder besser gesagt - verloren hatte.


Autor: Wolfgang Dick
   
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