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2.7.1988: Steffi Graf gewinnt in Wimbledon
Als das Tennisjahr 1988 begann, erwartete wahrscheinlich kaum ein Beobachter, dass Steffi Graf das erfolgreichste Jahr der modernen Tennisära schlechthin gelingen würde. Gut, sie war zwar im August des Vorjahres erstmals auf Rang Eins der Weltrangliste geklettert, aber schließlich hatte sie ja erst ein einziges Grand Slam Turnier gewonnen - die French Open 1987.

Nach dem glatten Zweisatzsieg von Steffi Graf im Finale der Australian Open 1988 in Melbourne über Chris Evert-Lloyd änderte sich natürlich die Stimmung, und ausgerechnet jener Spieler, der in der Tenniswelt etwas einzigartiges geschafft hatte, wagte sich ganz weit vor - der Australier Rod Laver, der 1962 und 1969 jeweils alle vier Grand Slam Turniere gewann. Rod Laver sagte nach Steffi Grafs Sieg in Melbourne 1988: "Ich glaube nicht, dass es jemanden gibt, der Steffi 1988 besiegen wird."

Ganz so extrem kam es freilich dann doch nicht. In den Frühjahrsturnieren in den USA verlor sie gleich zweimal. Zurückgekehrt nach Europa präsentierte sie sich aber wieder in Bestform - in knapp über einer halben Stunde demontierte sie im Finale von Paris die Weißrussin Natascha Zvereva mit 6:0 und 6:0 und verteidigte damit ihren Titel bei den French Open erfolgreich.

Gräfin gegen Rasenkönigin

Damit war sie bereits so etwas wie die Spielerin des Jahres, als es nach Wimbledon ging. Doch Steffi Graf Siegerin in Wimbledon? Sollte ausgerechnet sie, die den Weg zum Netz scheute, wie der Teufel das Weihwasser, auf Rasen gewinnen? Die mehrfach gekrönte Rasenkönigin Martina Navratilova schlagen? Die ihrerseits ihren neunten Wimbledonsieg feiern wollte?

Nun, erst einmal raste Steffi förmlich durch das Turnier, doch im Finale sah zunächst alles nach einem weiteren Triumph der Navratilova aus - 6:1 ging der erste Satz an die US-Amerikanerin. Aber die unermüdliche Kämpferin Steffi Graf, die das Wort ″aufgeben″ nicht kannte, drehte den Spieß noch einmal um.

Beim Matchball Graf hieß es damals in einer Radioübertragung: "Nach einer Stunde und 33 Minuten Matchball Steffi Graf. Jetzt schlägt Martina auf von der linken Seite und dann mit einem Netzroller gewinnt Steffi Graf, reißt die Arme hoch, shake hands der beiden, die 16.000 Zuschauer erheben sich."

Besonderer Sieg

Mit gerade einmal 19 Jahren war Steffi Graf an einem Ziel angekommen, das abertausende professionelle Tennisspielerinnen nie auch nur annähernd erreichen. Und sie war sich des Wertes ihres Triumphes durchaus bewusst.

Graf sagte nach dem Wimbledonsieg 1988: "Dass ich da heute noch einmal durch kam, nachdem ich schon 6:3 und 4:2 hinten gelegen habe und das Spiel noch rumgedreht habe, also das ist ne Superleistung von mir gewesen und deswegen ist es was ganz besonderes für mich."

Was Steffi Graf hier nicht zum Ausdruck brachte, aufgrund ihrer jugendlichen Unerfahrenheit und ihres damaligen Unwillens, sich in der Öffentlichkeit zu äußern, wohl gar nicht konnte, ist, dass dieser Sieg noch aus anderen Gründen etwas Besonderes war.

Grand Slam perfekt

Die French Open mögen zugegebenermaßen aufgrund der langen, Kräfte zehrenden Ballwechsel das anstrengendste, die US Open wegen des ständigen Lärmens der Zuschauer und der überfliegenden Jets das psychisch forderndste der vier Grand Slam Turniere sein. Doch für die Tennisprofis ist und bleibt Wimbledon aufgrund der Tradition das Turnier schlechthin. Noch keine 20, hatte Steffi Graf also das Mekka der Tenniswelt erobert.

Das ausgerechnet gegen Martina Navratilova, die unumstrittene Rasenkönigin. Damit war Martina Navratilova schon zum dritten Mal in einem Moment Steffis Gegnerin, der für die Gräfin einen Meilenstein ihrer Karriere darstellte - 1986 hatte Steffi Graf in Berlin erstmals gegen sie gewonnen, ihren ersten Grand Slam Sieg in Paris 1987 gegen sie geschafft und nun den Wimbledontriumph.

Dass Steffi Graf gut zwei Monate später in New York auch die US Open im Finale gegen Gabriela Sabatini gewann und damit den Grand Slam perfekt machte, überraschte eigentlich niemand mehr.

Grand Slam vergoldet

Noch einmal, rund sechs Wochen später, krönte sie ihr Jahr bei den Olympischen Spielen von Seoul. Im Radio wurde der Matchball Graf in Seoul 1988 wie folgt kommentiert: "Wir haben vielleicht einen geschichtlichen Moment vor uns hier, denn Steffi Graf hat nach 81 Minuten bei 6:3, 5:3 und Aufschlag Sabatini 15:40 zweimal Matchball. Einen Punkt braucht Steffi noch. Zweiter Aufschlag jetzt und der kommt auf die Vorhand von Steffi, die spielt einen wuchtigen Vorhand-Return, das Spiel ist vorbei. Steffi Graf gewinnt 6:3 und 6:3. Sie gewinnt nicht nur dieses Spiel, sie gewinnt auch Olympisches Gold mit diesem Erfolg im Finale über Gabriela Sabatini. Es ist das Jahr der Steffi Graf."

Steffi Graf hatte also etwas geschafft, was zuvor noch keiner Spielerin gelungen war - sie hatte den Grand Slam olympisch vergoldet, der Golden Slam war geboren.

Doch auch wenn die beiden letzten Siege von New York und Seoul unabdingbar zu diesem Triumph notwendig waren, war es doch der Erfolg von Wimbledon, der die Weichen gestellt hatte und diesen historischen Moment möglich gemacht hatte. Somit war der Wimbledonsieg von 1988 neben ihrem ersten und dem letzten Erfolg bei einem Grand Slam Turnier 1987 und 1999 jeweils in Paris der wichtigste Turniersieg in der Tenniskarriere der Steffi Graf.

Autor: Wolfgang van Kann
   
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