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18.6.1953: Ägypten Republik
Das letzte Kapitel der ägyptischen Monarchie beginnt eigentlich schon ein Jahr zuvor: In einem weitgehend unblutigen Putsch haben sich am 23. Juli 1952 "freie Offiziere" an die Macht gebracht und König Faruk abgesetzt.

Nach kurzen aber sehr hitzigen Debatten beschließen die Putschisten, den Monarchen nicht hinzurichten, und sie geleiten ihn statt dessen drei Tage später im Mittelmeerhafen Alexandria auf ein Schiff, das ihn ins italienische Exil brachte. Er soll nie nach Ägypten zurückkehren.

Die Monarchie aber bleibt nominell bestehen, und an die Stelle des Königs tritt ein dreiköpfiger Regentenrat, dieser freilich verfügt praktisch über keine Macht. Diese Macht liegt in den Händen der Putschisten, die seit Jahren darauf hin arbeiten, ihr Land unabhängig zu machen von der Vormundschaft der Briten und der noch von Osmanen aus Albanien ins Land gebrachten Aristokratie.

Zur "Gesellschaft der Freien Offizieren" gehören zunächst Anhänger der verschiedensten politischen Richtungen - von Sozialisten über Nationalisten bis hin zu Anhängern der islamitischen "Moslembrüder". Angeführt werden sie von Gamal Abdel Nasser, dem Sohn eines oberägyptischen Postbeamten, der unmittelbar nach dem Abschluss der Militärakademie begonnen hat, zahlreiche Zellen Gleichgesinnter in den Streitkräften einzurichten.

Wie Nasser stammen die meisten von ihnen aus einfachen Verhältnissen, gehören als Absolventen der von den Briten eingerichteten Militärakademie aber zur neuen Elite des Landes. Im Hintergrund verbindet sie gleichwohl die Ablehnung gegenüber den Briten und der Wunsch nach echter ägyptischer oder auch arabischer Unabhängigkeit. Motive, die einen Teil dieser Offiziere spätestens während des Zweiten Weltkrieges mit Nazi-Deutschland sympathisieren lassen.

Eine ganz besondere Herausforderung für die Offiziere ist die Gründung des Staates Israel 1948: Sie wird als Provokation der alten Kolonialmächte und als deren Versuch betrachtet, auf dem Umweg über diesen neuen Staat ihren Einfluss im Nahen Osten aufrechtzuerhalten. Und die Niederlage im ersten Krieg gegen Israel wird nicht nur als tiefe Schmach betrachtet, sondern sie wird dem vermeintlichen Unwillen den Königs angelastet, diesen Krieg zu gewinnen: Sein korruptes Regime habe statt dessen wertlose Waffen angeschafft und die Niederlage dadurch mitverschuldet.

Der Kampf gegen die Korruption steht deswegen auch im Vordergrund der Aufgaben, die die Freien Offiziere sich setzen, und er wird als ein wichtiges Motiv für die Revolution angegeben:

Neguib: "Der entscheidende Antrieb war die Korruption im Inneren und die schlechte Führung der Staatsgeschäfte durch den Ex-König."

General Muhamed Neguib, der nach dem Putsch zunächst Führer des "Revolutionären Kommando-Rates" wird, während Gamal Abdel Nasser zunächst noch im Hintergrund bleibt. Der 51-jährige Neguib ist der älteste unter den Putschisten, und er genießt als erfahrener Militär großes Ansehen unter den durchweg jungen Offizieren. Dies umso mehr, weil er sich in seiner Karriere immer wieder als mutiger Kritiker der vorherrschenden Zustände erwiesen hat.

Deutsch hat er sich selbst beigebracht - auch für andere ägyptische Offiziere damals ein Ausdruck ihrer politischen Präferenzen. Und es ist deswegen nicht überraschend, dass die neuen Herren sich rasch nach Hilfe aus Deutschland umschauen:

Neguib: "Ägypten hat immer dem deutschen Volk Hochachtung und Bewunderung entgegengebracht und wird versuchen, dieser Tradition treu zu bleiben."

Innenpolitisch versuchen die Offiziere zunächst, mit den Politikern zusammenzuarbeiten. Schon bald aber warnt Neguib vor einer Diktatur, die drohe, weil viele der Verantwortlichen für die Korruption weiterhin in Amt und Würden seien. Sieben Säuberungskomitees entlassen bis zum August 1.953.800 Zivilisten und 100 Militärs von ihren Posten. Bald beginnt es aber auch im Kreis der Freien Offiziere zu brodeln, und es kommt zu Machtkämpfen.

General Neguib ist gegen die Übernahme der Regierungsgeschäfte und die völlige Verdrängung der Zivilisten durch die Offiziere, er überschätzt aber sein Ansehen und seinen Einfluss als Galionsfigur der Revolution. Im Februar 1954 kommt es zum offenen Konflikt zwischen ihm und Gamal Abdel Nasser. Dieser setzt sich durch und entmachtete Neguib weitgehend. Nasser übernimmt die Kontrolle über den Staat - unter anderem mit einer strikten Zensur und durch die Abschaffung der politischen Parteien.

Neguibs Widerstand bleibt erfolglos, Ende 1954 nützt ihm auch sein Ansehen nichts mehr, es rettet ihn höchstens vor Schlimmerem, denn Nasser stellt ihn für den Rest seines Lebens unter Hausarrest.

Autor: Peter Philipp
   
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