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8.6.1946: Indonesien gegen Kolonialmacht
Es ist ein langer und ein blutiger Weg, den Indonesien bis zu seiner Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht Holland zurücklegen muss. Vier Jahre dauert das Ringen um die Freiheit: von der Verkündung der unabhängigen Republik Indonesien 1945 bis zum Abzug der Holländer aus dem indonesischen Archipel vier Jahre später.

Vier Jahrhunderte holländische Kolonialgeschichte und der Zweite Weltkrieg - Japan okkupiert Indonesien und vertreibt die Kolonialmacht Holland - erklären den Verlauf des Freiheitskampfes in dem Inselreich:

Schon zwei Tage nach der japanischen Kapitulation erklären die führenden indonesischen Politiker Sukarno und Hatta am 17. August 1945 die Republik Indonesien offiziell für unabhängig. Anfang 1946 landen die ehemaligen Kolonialherren aber im Gefolge der britischen Alliierten wieder in Indonesien. Das damalige Zauberwort der Indonesier heißt "kemerdekaan" - zu deutsch "Freiheit". Denn die will man sich nicht wieder nehmen lassen.

Der Staatsgründer und erste Präsident der indonesischen Republik, Sukarno, verhindert die Ausweitung der blutigen Konflikte. Hendra Pasuhuk, indonesischer Journalist, über Sukarnos Vorstellungen im Freiheitskampf:

Hendra Pasuhuk: "Für Sukarno ist die Unabhängigkeit, eine Nation zu bilden. (...) Er ist nicht der Mensch, der sagt, jetzt müssen wir mit Waffen und mit aller Gewalt sozusagen die Lösung suchen, sondern er versucht Allianz zu bilden, auch mit anderen kolonialisierten Staaten. (...) Also der kämpft auf politischer Ebene, und auf dieser Ebene ist er erfolgreich. Er ist der politische Führer in Indonesien damals. Er konnte sozusagen die politische Vision vereinen von vielen, vielen traditionellen Führern. (...) Aber er war nie ein Militärmensch. Er war nie auf einen militärischen Kampf eingeschwenkt, und das war ja bis zuletzt sein Problem. Am Ende hat ein General ihn abgesetzt."

Sukarno ist von Herkunft Javaner, und dies mag erklären, warum er immer wieder integriert, statt zu trennen. So ruft er am 8.Juni 1946 zum Widerstand gegen die ehemalige Kolonialmacht auf, setzt aber gleichzeitig auf Verhandlungen mit den Holländern. Er ist kompromissbereit, ohne passiv zu sein. Dies ist der Schlüssel seines Erfolges. Sukarnos Vision von einem vereinten und in Freiheit miteinander lebenden indonesischen Volk ist nicht mit Waffengewalt durchzusetzen, dazu sind die ehemaligen Kolonialherren militärisch viel zu überlegen.

Aktionen wie in Bandung im April 1946 verdeutlichen neben der Ohnmacht gleichzeitig die Entschlossenheit, die hinter dem Widerstandswillen des indonesischen Volkes steht.

Hendra Pasuhuk: "Die Holländer haben versucht, die Stadt Bandung, 200 Kilometer von Jakarta entfernt, anzugreifen. Und die Bewohner in Bandung haben die Stadt in Schutt und Asche gelegt, die haben die Stadt niedergebrannt, weil sie die Stadt nicht übergeben wollten. (...) Sie haben aber keine Waffen um zu kämpfen."

Nicht alle Indonesier befürworten den Weg der Verhandlungen. Und nicht alle sind unbewaffnet. Im Verlauf des Unabhängigkeitskampfes bilden sich zwei Lager heraus.

Revolutionäre junge Menschen verschiedener politischer Ausrichtungen, die sogenannten "pemudas", drängen auf die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit durch die ehemalige Kolonialmacht. Sie sind die anarchistische Kraft, die das damals herrschende Chaos radikalisieren und militante Aktionen planen. Zeitweise stehen diese jungen Leute eindeutig gegen Sukarno. Sie gehen im Juli 1946 soweit, Sukarnos Vizepräsidenten Shahjir zu entführen, um Sukarno zum Abbruch der Verhandlungen mit den Holländern zu zwingen.

Doch Sukarno lässt sich nicht beirren. Seine Bemühungen um eine friedliche Lösung des Kolonialkonflikts münden im Oktober 1946 in einem Waffenstillstands-Abkommen mit den Holländern. Doch auch dieses Abkommen kann die Indonesier nicht dauerhaft vor Übergriffen des holländischen Militärs schützen.

Hendra Pasuhuk, über die Situation der Holländer: "Es geht nicht um kolonial oder nichtkolonial, sondern es gibt tatsächlich einen Bedarf um Ordnung wiederherzustellen in dieser chaotischen Lage. Und das Unglück war, dass die Holländer diese Aufgabe hatten, weil ihnen von den Alliierten dieses Gebiet übertragen wurde."

Die von Seiten der Holländer häufig unangemessene Gewalt demonstriert, dass sich die Kolonialherren nicht so einfach aus dem Rennen schlagen lassen wollen, weil es um die Verteidigung ihre Machtansprüche und wirtschaftlichen Interessen geht. Erst am 27. Dezember 1949, unter dem Druck der UNO, treten sie ihre Souveränität über die Gebiete Niederländisch-Indiens an die Republik der Vereinigten Staaten von Indonesien ab.

Autorin: Barbara Fischer
   
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