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20.3.1890: Bismarck tritt zurück |
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"Auf Titel und Orden habe ich niemals großen Wert gelegt. So wenig wie auf Denkmäler, die man mir errichtet hat und errichten will. Mir genügt mein einfacher Name. Und ich hoffe, dass er auch in Zukunft genügen wird." Ob Otto von Bismarck mit diesem Ausspruch nicht doch eher an seinem Ruhm gefeilt hat - nach dem 20. März 1890, dem Tag seiner von militärischem Zeremoniell umrahmten Entlassung als Reichskanzler des deutschen Einheitsstaats, den unbestritten er, der preußische Junker, selbst geschaffen hatte?
Das Zerwürfnis war nicht mehr zu kitten zwischen dem 75 Jahre alten Fürsten und dem 31-jährigen deutschen Kaiser und König von Preußen, Wilhelm II., seit zwei Jahren auf dem Thron, politisch weitgehend kenntnislos, dafür umso Waffenklirrender und überzeugt von seinem auf das Gottesgnadentum gestützten Führungsanspruch.
Die Zukunft des Deutschen Reichs
Seine Karriere hatte der 1815 geborene Bismarck, Spross eines märkischen Adelsgeschlechts, im Alter von 30 Jahren begonnen. Da nämlich, 1845, zog er in den sächsischen Provinziallandtag ein. Mit 47 war er preußischer Ministerpräsident, mit 52 Kanzler des Norddeutschen Bundes.
In der Schlacht von Königgrätz gegen die Donaumonarchie entschied die preußische Armee im Juli des Schicksalsjahres 1866 die Zukunft des Deutschen Reichs. Preußen übernahm dort die Vorherrschaft. Und 1871 nach dem Sieg im deutsch-französischen Krieg ließ sich der Hohenzollernkönig Wilhelm I. in Versailles zum Kaiser proklamieren. Zentrales Organ des Deutschen Reichs waren ab nun der Reichstag, der Bundesrat und der vom Kaiser berufene Reichskanzler Otto von Bismarck. Mit Wilhelm I. konnte er, mit dessen im Dreikaiserjahr 1888 inthronisierten, hochfahrenden Enkel, Wilhelm II., jedoch nicht.
In Ungnaden entlassen
Bismarcks letzter Hausarzt, Dr. Rudolf Chrysander schilderte Bismarcks Sturz ohne Beschönigung: "Er war in Ungnaden entlassen. Kein Mensch hat dem alten Fürsten geholfen gegenüber dem, was der törichte Kaiser machte. Und der Fürst hat gesagt: Der Kaiser wird das gute deutsche Pferd in den Dreck reiten. Und es ist geschehen. Wie oft habe ich ihn, wenn ich nachts geholt wurde und er nicht schlafen konnte - und der Kammerdiener kam und sagte: Der Fürst lässt bitten, nachts um drei - da war er in Tränen. Er hat die Zukunft Deutschlands vorausgesehen."
Er führte seinen Kulturkampf gegen den politischen Katholizismus, ritt Attacken gegen den Liberalismus und die Sozialdemokratie versuchte er mit den Sozialistengesetzen in Schach zu halten. Dabei verstand Bismarck sich auf eine Waffe, die er auch noch nach seiner Abdankung von seinem Alterssitz Friedrichsruh im Sachsenwald her gebrauchte: Die taktische Beeinflussung der Presse.
Leibarzt Chrysander dazu: "Alle 14 Tage hat er in die Hamburger Nachrichten geschrieben. Mir hat er einmal diktiert - er hat mir viel diktiert, für die Hamburger Nachrichten: 'Dem Mutigen folgt jeder Deutsche gern. Die Feigheit ist eine ansteckende Krankheit.' Weil ich Arzt war, hat er dieses Bild gebraucht, von der ansteckenden Krankheit."
Tod Bismarcks
Am 30. Juli 1898 starb Otto von Bismarck in Friedrichsruh. Ein Staatslenker mit vielen Verdiensten - und auch Irrtümern. Von seinem Tod berichtet sein Leibarzt - in verklärter Darstellung: "Ich habe ihn sterben sehen. Ich habe sein letztes Gebet gehört. In dem kam auch der Kaiser vor. Er hat für Wilhelm II. nicht nur viel übrig gehabt, er hat ihn sogar geliebt. Und er hat noch für ihn gebetet. Aber es ist nicht in Erfüllung gegangen."
Autor: Gerhard Appeltauer |
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