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17.3.1929: General Motors kauft Opel
"Im Augenblick stehen wir vor der schrecklichen Tatsache der Überfremdung des größten deutschen Automobilunternehmens und des Verlustes von wertvollem Kapital aus deutscher Arbeitskraft, dessen Nutznießer der einzige Sieger im Weltkrieg, die amerikanische Wirtschaft, sein wird," hieß es in der Vossischen Zeitung, als am 17. März 1929 der weltweit größte Autobauer, die US-amerikanische General Motors Corporation, 80 Prozent der Aktien der Adam Opel AG kaufte.

Dabei konnte von einer feindlichen Übernahme, wie man heute sagt, wenn ein finanzkräftiges Unternehmen einen kleineren Betrieb wider dessen Willen schluckt, nicht die Rede sein: Geheimrat Wilhelm von Opel höchst selbst war als Informationsreisender getarnt immer wieder über den großen Teich geschippert, um mit dem überseeischen Konkurrenten zu verhandeln.

Gleichzeitig unterstützte das Unternehmen hierzulande nationalistische Kampagnen: "Deutsche kauft deutsche Autos". Und auf einem Plakat im Wartezimmer der Fabrik soll sogar gestanden haben: "Lieferanten, die auf ausländischen Wagen vorfahren, werden nicht vorgelassen."

Veräußert werden sollte das 1862 von Adam Opel als Nähmaschinenfabrik gegründete Unternehmen, weil den Firmenerben Wilhelm und Fritz von Opel das Wasser vermutlich bis zum Halse stand. Die Gewinne mehrerer Jahre und schließlich ihr gesamtes Privatvermögen hatten sie in ein damals revolutionäres Produktionsverfahren gesteckt, die Großserienfertigung und das Fließband.

Vom Band lief seit 1924, weil nur in grün lieferbar, vom Volksmund schnell Laubfrosch getaufte Typ 4, ein zwölf PS starker Wagen, dessen Absatz durch wiederholte Preissenkungen angekurbelt werden sollte. Doch das Konzept ging nicht auf, die schwere Wirtschaftskrise warf ihre Schatten voraus. In der Firmenchronik heißt es:

"Der schwere Wirtschaftskampf, die allgemeine Kapitalnot, die Kriegs- und Nachkriegsbelastungen unserer Industrie waren zu schwere Bleigewichte im Wettlauf mit der ausländischen Konkurrenz, um sich auf dem einheimischen, mehr noch auf dem Weltmarkt durchsetzen zu können."

General Motors erhielt für 140 Millionen Reichsmark eine Autofabrik, die kleine, dem europäischen Markt angepasste Modelle produzierte. Um reibungsloser Geschäfte willen arrangierten sich die Amerikaner in den kommenden Jahren fix mit den Nationalsozialisten. So reiste anlässlich des 75-jährigen Betriebsjubiläums in Rüsselsheim der Vizepräsident von General Motors, Mr. Grand an und lobte die politische Führung Deutschlands weit über den grünen Klee:

"Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um meiner Bewunderung für den fortschrittlichen Geist ihrer führenden Männer Ausdruck zu geben, der die Erfolge der letzten vier Jahre möglich gemacht hat. Ich denke hierbei besonders an die Förderung des Kraftfahrwesens, an die vorbildliche Ausgestaltung ihrer Autobahnen, an die durchgreifende Verbesserung des allgemeinen Straßennetzes und den entscheidenden Einfluss, den die Beseitigung der Kraftfahrzeugsteuer für Neuwagen auf den konstruktiven Fortschritt des deutschen Automobilbaus ausgeübt hat."

Nur kurze Zeit später allerdings haben diese vom fortschrittlichen Geist beseelten führenden Männer dann Panzer und Haubitzen auf den durchgreifend verbesserten deutschen Straßen gen Osten geschickt.

Mit dem mächtigsten Autobauer der Welt im Rücken konnte Opel der 1929 ausgebrochenen Weltwirtschaftskrise zum Trotz kräftig expandieren. Neue Maschinen, Produktionsverfahren und modernste Werkzeuge hielten Einzug in die Montagehallen. Zwei Jahre nach der Übernahme, die Amerikaner hatten inzwischen auch das restliche Aktienpaket erworben, wurden neue Wagentypen gebaut.

Bis zum Zweiten Weltkrieg bestritt Opel fast die Hälfte des gesamten deutschen Autoexportes, so Wilhelm von Opel gegenüber der Belegschaft: "Deutschland hat Aufgaben die es zum Mittler eines Weltwirtschaftsverkehrs machen. Es ist das Schicksal Deutschlands in fleißiger emsiger Arbeit Werte zu schaffen und neben der Versorgung des Inlandmarktes die im Verkehr mit den anderen Ländern einzusetzen."



Autorin: Gerda Gericke
   
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