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28.2.1961: "Deutschland-Fernsehen GmbH" Verbot
Gustav Heinemann, SPD-Bundestagsabgeordneter: "Die Deutsche Fernseh GmbH, dieses komische Gebilde, ein totales Instrument in der Hand des Kanzlers, verehrte Damen und Herren, das ist in der Sicht des Karlsruher Gerichtsurteils ein Staatsfunk, schlimmer als wir ihn im Dritten Reich hatten!"

Der SPD-Abgeordnete und spätere Bundespräsident Gustav Heinemann läuft Sturm. Ein Alleingang des politischen Gegners bringt ihn auf die Barrikaden. Die Bundesregierung unter Kanzler Konrad Adenauer versucht, einen Fernsehsender zu gründen, obwohl Rundfunk Ländersache ist. Landesregierungen und Opposition wittern einen Verstoß gegen Grundrechte:

Grundgesetz, Artikel Fünf, Absatz Eins: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt."

Artikel Fünf des Grundgesetzes ist die Basis des deutschen Rundfunkwesens nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Arbeit der Sender hat ohne Einmischung der Regierung stattzufinden. Um dieses Prinzip zu sichern, entstehen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in Verantwortung der Bundesländer.

Ab 1954 legen sie als Arbeitsgemeinschaft, kurz ARD, ein gemeinsames Fernsehprogramm auf. Aber ein Fernsehprogramm allein ist zu wenig, darüber sind sich alle einig. Ein zweiter Anbieter muss her. Kanzler Adenauer wittert die Gelegenheit, ein bisschen Staatseinfluss im Rundfunkwesen zurückzugewinnen. Er schlägt einen privatwirtschaftlich finanzierten Kanal vor, die Deutschland Fernsehen GmbH. Mit 49 Prozent sollen die Länder beteiligt sein, mit 51 Prozent der Bund.

Die Länder lehnen ab, zu viel Staat. Adenauer landet einen Coup: Er überträgt die Anteile der Länder treuhänderisch seinem Finanzminister. Im Alleingang unterzeichnen die beiden den Gründungsvertrag der Deutschland Fernsehen GmbH. Der Hinterhalt löst Empörung aus, die Länder ziehen vor das Bundesverfassungsgericht und bekommen Recht.

Vorsitzender des zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts: "Im Namen des Volkes: Der Bund hat durch die Gründung der Deutschen Fernsehen GmbH gegen Artikel 30 in Verbindung mit dem achten Abschnitt des Grundgesetzes sowie gegen den Grundsatz Bundesfreundlichen Verhaltens sowie gegen Artikel Fünf des Grundgesetzes verstoßen."

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Fritz Erler, triumphiert: "Der Bundesregierung wurde bescheinigt, dass sie versucht hat, einen Staatsrundfunk einzurichten und damit die Meinungsfreiheit zu verletzen. Sie hat nicht mit den Ländern, sondern nur mit ihren Parteifreunden gesprochen und damit das Fernsehen als Parteiangelegenheit aufzuziehen versucht."

Wenig einsichtig zeigt sich Bundeskanzler Konrad Adenauer: "Sobald wir im Besitz des Urteils waren und sich unsere besonders Sachverständigen da durchgearbeitet haben, ist das Kabinett zu einer Sitzung zusammengetreten, um Stellung zu nehmen zu diesem Urteil und zu diesem Fernsehstreit. Die Beschlüsse, die das Kabinett gefasst hat, sind einstimmig gefasst worden. Das Kabinett war sich darin einig, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts falsch ist, meine Damen und Herren."

Adenauer ist nicht nur mit der bloßen Idee zu seiner Deutschland Fernsehen GmbH vorgeprescht. Er hat bereits Programm eingekauft und Mitarbeiter engagiert. Diese Ressourcen wollen schleunigst untergebracht werden. Ein zweiter Fernsehkanal muss also auf jeden Fall her, nur eben staatsfern und frei von Wirtschaftsinteressen. Am 6. Juni 1961 einigen sich die Ministerpräsidenten der Länder darauf, einen weiteren Fernsehsender einzurichten. Öffentlich-rechtlich organisiert, aber unabhängig von der ARD. Sein Name: Zweites Deutsches Fernsehen, kurz: ZDF.

Konrad Adenauer, Bundeskanzler: "Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss den Gesetzen entsprechend beachtet werden. Das Kabinett hat infolgedessen beschlossen, ebenfalls einstimmig, sich an keinen weiteren Fernsehangelegenheiten mehr zu beteiligen."

Und was der damalige Bundeskanzler Adenauer in seiner Reaktion auf das Karlsruher Urteil formuliert, ist zumindest bis heute eingehalten worden.

Autorin: Catrin Möderler
   
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