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6.1.1990: Thoma gewann Vierschanzentournee |
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Die deutsch-österreichische Vierschanzentournee - für Skispringer ist es das Wimbledon ihres Sports. Ein Sieg zählt mehr als eine Weltmeisterschaft, als der Weltcup und mindestens genauso viel wie eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen.
Eine Stammtisch-Idee beim Pfingsturlaub 1951 war es, die Skispringer "Putzi" Pepeunig und seine Freunde hatten: Sie wollten den von internationalen Wettbewerben ausgeschlossenen Deutschen und Österreichern einen Leistungsvergleich ermöglichen. Seit dem ersten Start am 1. Januar 1953 in Garmisch-Partenkirchen ist daraus das Mekka des Skispringens geworden, an dem die besten Athleten aus aller Welt teilnehmen.
Die Tournee, Teil des Skisprung-Weltcups, gilt in der Springerszene als prestigeträchtigste und schwierigste Serie. Binnen neun Tagen müssen die Teilnehmer auf vier verschiedenen Schanzentypen Höchstleistungen bringen. Max Bolkart war 1960 der erste Bundesdeutsche, der in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen siegte.
Der Überflieger
Dieter Thoma aus Hinterzarten wurde zum Überflieger des Jahres 1990. Für den Sportler war es der größte Triumph seiner Karriere. Nachdem er die Konkurrenz und dabei vor allem seinen großen Rivalen aus der ehemaligen DDR, Jens Weißflog, hinter sich gelassen hatte, sagte der damals 20-jährige Thoma: "In Innsbruck habe ich gedacht, der Tournee-Sieg ist verloren, aber unter den ersten Drei ist immer noch ein Superplatz, wenn ich ihn halten kann. Dann habe ich gesehen, dass Jens nicht ganz so gut zurecht gekommen ist, und ich habe zweimal die Bestweite gehabt. Da habe ich schon was gespürt und gedacht, Mensch, wenn ich morgen so springe, kann's schon hinkommen - und es war so."
Das Gefühl, der ewige Menschheitstraum vom Fliegen, frei zu sein wie ein Vogel, das ist es, was die Faszination Skispringen für die Athleten ausmacht. Für die Zuschauer ist es schlicht sensationell, wenn sich die tollkühnen Männer aus gewaltiger Höhe über 100 Meter weit ins Tal hinunter stürzen und dabei in drei Sekunden auf 100 Stundenkilometer beschleunigen.
Die einstige Randsportart, die in Deutschland gerade mal ein paar hundert Menschen ausüben, ist zum Publikumsmagneten mit durchschnittlich über acht Mio. Fernsehzuschauern geworden. Die Vierschanzentournee ist dabei nicht nur wegen der sportlichen Herausforderung der Höhepunkt, sondern auch weil sie in die meist arbeits- und sportfreien Tage des Jahreswechsels fällt.
Boris Becker der Lüfte
Auch für die Sportler lohnt sich der Skizirkus mittlerweile. Für jeden Sieg bei den Einzelspringen der Vierschanzen-Tournee gibt es hohe Preisgelder. Auch die Sponsorengelder machen ein Vielfaches aus, dazu gibt es für den Gesamtsieger ein Auto.
Summen, von denen Dieter Thoma 1990 nur träumen konnte. Deutsche Skispringer wurden vor Jahren noch mit einem Präsentkorb entlohnt. Dennoch hat Thoma etwas erreicht, dass hohe Saläre erblassen lässt: Er hat die Vierschanzen-Tournee gewonnen. Damals noch im klassischen Parallel- und nicht im V-Stil, gegen den sich der Skiflug-Weltmeister lange gesträubt hatte.
Thoma war es, der den Sport der Könige der Lüfte nach einer Durstrecke in der Bundesrepublik wieder populär gemacht hat. Deshalb galt der Schwarzwälder auch als "Boris Becker der Lüfte" - und wegen seines kessen Mundwerkes sowie seiner Kämpfernatur, die ihn trotz zahlreicher Verletzungen immer wieder in die Weltspitze zurück katapultierte. Bis er 1999 wegen einer Verletzung endgültig aufgeben musste. Sein letzter Sprung war ein Millenniumssprung: Am 31. Dezember 1999 um 23:59 Uhr sprang er zum Auftakt des Neujahrsspringens in ein neues Jahrtausend.
Autor: Frank Gerstenberg
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