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29.11.1888: Hertz weist elektromagnetische Wellen nach
Als die Studenten der technischen Hochschule in Karlsruhe an einem Novembertag im Jahre 1888 ins physikalische Laboratorium wollten, da fanden sie die Tür verschlossen. Ein kleiner Zettel besagte, dass die Vorlesungen auf 14 Tage ausfielen. Niemand ahnte, dass hinter der verschlossenen Tür der 31-jährige Hochschullehrer Heinrich Hertz unermüdlich arbeitete.

Hinter meist zugezogenen Vorhängen machte er sich an geheimnisvollen Apparaturen schaffen. Nur selten gönnte er sich eine Mütze voll Schlaf oder einen Bissen von seinem Lebensmittelvorrat. Was er dort trieb, weiß Lutz Ihlenburg, Physiker an dem nach dem genialen Erfinder benannten Heinrich-Hertz-Institut in Berlin:

"Er hat sich in Karlsruhe in den Hörsaal eingeschlossen und hat damit begonnen, einen Sender aufzubauen, der elektrische Wellen aussendete, und dann hat er die Urform eines Empfängers genommen und ist im Hörsaal herumgelaufen und hat gesehen, ob diese elektrische Wellen tatsächlich vorhanden sind, die sein Sender senden sollte. Und er hat dann in absoluter Dunkelheit einen Funken beobachtet, und nur aufgrund seines mikroskopisch kleinen Funkens, den er unter einer Lupe beobachten konnte, konnte er sagen: dort ist Elektrizität."

Am 29. November 1888 dann flog die Tür des Studierzimmers auf:

"Heinrich Hertz hat die elektrischen Wellen experimentell nachweisen können."

1865 wies der englische Mathematiker James Maxwell die Existenz elektromagnetischer Wellen theoretisch, mathematisch nach. Doch erst 23 Jahre später gelang es, diese Theorie in der Praxis auch zu beweisen.

Zugleich stellte der 1854 als Sohn eines angesehenen Rechtsanwaltes geborene Heinrich Hertz fest, dass sich die elektromagnetischen Wellen gradlinig wie das Licht ausbreiten und genauso gebrochen, polarisiert und reflektiert werden. Damit war klar, dass Licht und Elektrizität ein und das selbe sind.

Auf die Idee seine bahnbrechende Erfindung zu verwerten, zu verwenden oder gar zu vermarkten kam der kluge Kopf jedoch nicht, weiß Lutz Ihlenburg:

"Heinrich Hertz selber war ein Wissenschaftler, der noch völlig dem 19. Jahrhundert verpflichtet war. Er fühlte sich in erster Linie als Wissenschaftler, er hat nicht an die Ausbeutung seiner Erfindung für die Technik gedacht."

Das besorgten andere. Im fernen Bologna liest der 20-jährige Guglielmo Marconi einen Aufsatz über die Versuche Heinrich Hertz. Und hat eine zündende Idee: Nachrichtenübermittlung mittels elektromagnetischer Wellen. Bis dahin konnten Nachrichten nur mit Hilfe des Kabels übertragen werden. Das lag auf dem Meeresgrund und verband die Zentren mit ihren Telegraphennetzen.

Im Äther herrschte noch Stille - keine Verbindung zu Schiffen in Seenot, kein drahtloser Funkverkehr zu anderen Kontinenten. Marconi richtet sich zu Hause ein Laboratorium ein. Nach zwei Jahren kann er aus neun Meter Entfernung eine Klingel zum Tönen bringen.

Wenig später baut Guglielmo eine Sendeanlage in den heimischen Garten und postiert den Bruder zweieinhalb Kilometer entfernt - auf die andere Seite eines Hügels. Der soll einen Schuss abgeben, wenn er das Signal empfängt.

Damit ist bewiesen: Die von Heinrich Hertz im Karlsruher Hörsaal nachgewiesenen elektromagnetischen Wellen gehen durch Wälder, Wände, die Nacht, über Seen und Berge - unsichtbar, geheimnisvoll.

Danach geht es Schlag auf Schlag: 1901 wird ein von England gesendetes Signal in Neufundland empfangen; 3600 Kilometer vom Ausgangspunkt entfernt. Damit ist der Glaubenssatz der Physiker "Funkwellen breiten sich geradlinig aus und verschwinden einfach im Weltraum" widerlegt. Es zeigt sich, dass bestimmte Hertzsche Wellen der Erdkrümmung folgen. Dies war die Geburtsstunde des weltweiten Funkverkehrs rund um den Globus.

1919 gelingt die erste Radiosendung mit Musik und Sprache und 1936 werden von der Olympiade die ersten bewegten Bilder drahtlos übertragen.

Auch die modernen drahtlosen Kommunikationstechnologien basieren auf den Entdeckungen des begabten Physikers. Die Früchte seiner Arbeit genießen konnte er aber nicht mehr. Im Alter von nur 37 Jahren raffte ihn 1894 in Bonn eine Sepsis dahin.

Autorin: Gerda Gericke
   
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