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25.1.1878: "Das Fräulein vom Amt" |
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Mit der Erfindung eines Sprachübertragungsapparates landet Alexander Graham Bell anno 1876 einen echten Hit. So viele Menschen wollen das sogenannte Telefon haben, dass individuelle Verbindungen zwischen den einzelnen Apparaten nicht mehr möglich sind. Vermittlungsstellen müssen für den richtigen Anschluss sorgen.
Am 26. Januar 1878 nimmt in Hartford, Connecticut die Erste ihren Dienst auf. Junge Männer kümmern sich um die Verbindungen. Aber schon im Herbst desselben Jahres steigt die Telefongesellschaft auf weibliche Kräfte um. Das Fräulein vom Amt ist geboren. "Weil durch die höhere Stimmlage des weiblichen Organs die Schallwellen leichter verständlich sind, und sodann, weil der Teilnehmer friedlich wird, wenn ihm aus dem Telephon eine Frauenstimme entgegen tönt", heißt es auch in Deutschland, als dort um 1890 herum das Fräulein vom Amt eingesetzt wird.
Das ewig unsichtbare Fräulein
Der Leiter des Museums für Kommunikation in Frankfurt am Main, Dr. Helmut Gold, weiß, was sie zu tun hatte: "Sie hatte für jeden Teilnehmer auf ihrem Klappenschrank eine eigene Anschlussbuchse. Und jeder Teilnehmer, den man dran hatte, den konnte man entsprechend durch das Einstecken der entsprechenden Anschlussbuchse erreichen. Und das hat sie dann gemacht und hat dort gesagt: Jetzt kommt ein Gespräch für Sie, und hat dann die Leitung hergestellt."
Einstellungsvoraussetzung ist eine gute Schulbildung, beste Umgangsformen und wenn möglich Fremdsprachenkenntnisse. Außerdem müssen die Damen jung und aus gutem Hause sein. Die Ausbildung übernimmt die Post. Helmut Gold dazu: "In der Regel war das quasi eine praktische Einführung an den entsprechenden Geräten, und es bestand auch in einer Reihe von Tests. Die wichtigsten Sachen waren Sprechübungen."
Streng bewacht auch der Familienstand, sagte Helmut Gold: "Es gab einen Ausschluss von Ehe und Dienst, das war eine Besonderheit. Hat auch in der frühen Zeit der Post durchaus eine Tradition. Dieses Versorgungsprinzip war eben die Sorge, wenn die Frauen heiraten und Kinder bekommen und der Mann dann Probleme bekommt, wäre auch über diese Beamtentätigkeit der Frau die Versorgung der gesamten Familie über den Dienstherrn gelaufen. In dem Verständnis der damaligen engen Versorgung sonst bei Beamten."
Jung und unverheiratet weckt das ewig unsichtbare Fräulein mit der sympathischen Stimme mancherlei Phantasien bei den männlichen Telefonkunden. Auf etwaige Anträge haben die Damen mit einer vorgefertigten Standardantwort zu reagieren: "Besetzt. Werde melden, wenn frei." Auf sachliche Anfragen reagiert das Fräulein natürlich viel entgegenkommender.
Ein Beruf wie jeder andere
Was dem Fräulein vom Amt, die freundlichen Auskünfte rein finanziell einbringt, weiß ebenfalls Dr. Helmut Gold vom Museum für Kommunikation: "Das war durchaus ähnlich anderen Berufen, wie die Sekretärin, die Stenotypistin, da lag das Fräulein vom Amt irgendwie mittendrin. Das war kein Gehalt, mit dem man eine Familie ernähren konnte, das war ja auch gar nicht Sinn der Sache; es sollte eben speziell diese unverheirateten Frauen versorgen. Und das hat es schon geleistet."
Entsprechend groß ist der Zulauf: Ende des 19. Jahrhunderts gibt es erst wenige hundert Telefonanschlüsse in den Großstädten. Sprunghaft steigt die Zahl auf mehrere Zehntausend an. Entsprechend wächst auch die Zahl der Telefonistinnen. Gab es 1897 erst knapp 4.000 Fräuleins vom Amt, waren es im Jahr 1907 schon über 16.000. Mit der Erfindung des Wählscheibentelefons und der automatischen Vermittlung endete ihre Ära. Und 1966 hieß es dann für das letzte Fräulein vom Amt: "Kein Anschluss unter dieser Nummer."
Autorin: Catrin Möderler |
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