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19.1.1978: Letzter "Käfer" rollt vom Band
"Der Käfer ist ein Familienmitglied, das nur zufällig in der Garage wohnt." Dieser alte US-amerikanische Werbespot macht deutlich: Der VW Käfer ist kein fahrbarer Untersatz, gekauft und unterhalten um seinen Besitzer von A nach B zu bringen, sondern Mythos, Kultfahrzeug, untrennbar mit dem Lebensgefühl einer ganzen Generation verbunden.

Ursprünglich war das Auto Teil der deutschen, nationalsozialistischen Propaganda. Dr. Ferdinand Porsche hatte seit 1932 an der Entwicklung eines billigen Autos für die NSU Motorenwerke gearbeitet. Als die Sache für NSU zu teuer wurde, griff Adolf Hitler zu.

Nun, im Auftrag der Nationalsozialisten entwickelte Ferdinand Porsche ein Auto mit einem Boxermotor im Fahrzeugheck, mit Luft und nicht mit Wasser gekühlt, mit Einzelradaufhängung und mit einer aerodynamischen Karosserie. Die sollte eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern ermöglichen.

Der "Kraft-durch-Freude-Wagen"

Der Volkswagen passte perfekt in die nationalsozialistische Propaganda. Dem Ausland konnte gezeigt werden, zu welch technischen Meisterleistungen Deutschland fähig sind - und daheim schuf der Käfer Arbeitsplätze.

1938 wurde in Wolfsburg bei Hannover der Grundstein zu den Volkswagenwerken gelegt. "Die Deutsche Wochenschau" berichtete damals: "Dr. Porsche konstruierte eine Limousine, einen offenen Wagen und eine Cabriolet - eine Limousine, die bei sechs bis sieben Litern Brennstoffverbrauch und 100 Kilometer Autobahngeschwindigkeit nur 990 Mark kosten wird."

Die Arbeiter des Volkswagenwerkes sollten die besten Bedingungen erhalten, von Pausenräumen, über Duschkabinen bis hin zu Sportplätzen. Die Produktionsanlagen aber mussten die Autobauer größtenteils in den USA kaufen. 100 Prototypen wurden hergestellt, um der Weltpresse die überragenden Ingenieursleistungen des Dritten Reiches vorzuführen. 336.000 Deutsche sparten in den folgenden Jahren bei der nationalsozialistischen Freizeitorganisation "Kraft durch Freude" auf einen Käfer. Doch vergebens.

Der Zweite Weltkrieg und die Zeit danach

Als die deutsche Wehrmacht am 1. September 1939 den Krieg begann, der später zum Zweiten Weltkrieg werden sollte, wurden statt Volksautos jetzt militärische Fahrzeuge hergestellt - später auch Panzerfäuste, Tellerminen und Flugzeugteile. Statt glücklicher deutscher Arbeiter, die sich nach Feierabend auf Sportplätzen vergnügten, schufteten bald nur noch Zwangsarbeiter unterschiedlicher Nationalität für den deutschen Sieg.

Nachdem der Krieg verloren war, lag das Wolfsburger Werk zu zwei Dritteln in Schutt und Asche. Doch die Sieger brauchten dringend Transportmittel. So halfen die Engländer der zerstörten Autofabrik schnell wieder auf die Beine. Schon 1945, dem Jahr der bedingungslosen Kapitulation, verließen 1.785 Volkswagen das Werk - nicht wenige der Maschine und Teile wurde aus den Trümmern geborgen.

Unverwüstlischer Käfer

Es dauerte nicht lange und der Käfer mit seinem Boxermotor galt als unverwüstlich. Er war ein Auto, das "läuft und läuft und läuft und läuft". Bald entdeckten die US-Amerikaner ihre Liebe zu dem buckligen Kerl. In den 1960er-Jahren dann wurde das nur von 25 Schrauben zusammengehaltene luftgekühlte Wägelchen endgültig zur Kultfigur.

Der Käfer hatte eine Identität, eine Persönlichkeit gewonnen. Es dauerte nicht lange und seine Verkaufszahlen erregten den Neid der Autobauer in aller Welt. 1974 verließ der 18millionste Käfer das Werk. 21,4 Mio. dieser wenig eleganten Vehikel rollten vom Band.

Die anderen VW-Modelle waren nicht so erfolgreich, das VW-Werk rutschte in die roten Zahlen. Zu lange hatten sich die Wolfsburger Autobauer auf ihren Lorbeeren ausgeruht und verschlafen, dass sparsamere Autos mit modernerem Design gefragt waren. Am 19. Januar 1978 erfolgte nach 30 Jahren deutscher Käferproduktion das Aus. Die Klassiker des Automobildesigns wurden noch bis 2003 in Brasilien und Mexiko hergestellt.


Autorin: Gerda Gericke
   
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