 |
 |
 |
 |
 |
|
4.1.1947: "Der Spiegel" erschien zum ersten Mal |
|
 |
 |
|
 |
Major John Challaner, damals britischer Presse-Kontrolloffizier in Hannover, wollte den Deutschen nach Hitler- und Goebbels-Propaganda demokratisches Denken und Pressefreiheit im besetzten Nachkriegsdeutschland beibringen. Am 4. Januar 1947 war es dann soweit. Ein neues Blatt klemmte an den Zeitungsständen: "Der Spiegel" - Preis: eine Reichsmark. Auf dem Titel der ersten Ausgabe war der österreichische Gesandte Dr. Kleinwächter vor dem Weißen Haus in Washington abgebildet. Lästerliche Bemerkungen der Spiegel-Redakteure über Österreichs Wendepolitik zierten den dazugehörigen Artikel.
Ungewöhnliche Pressetöne im besetzten Deutschland 1947. Der junge britische Major Challaner wurde schon unmittelbar nach Kriegsende auf einen jungen Fabrikantensohn aus Hannover aufmerksam: Rudolf Augstein. Schon frühzeitig setzte der Brite Augstein für eine neue, freie Presse ein: "Erstens war er früher wie ich ein Offizier in der deutschen Artillerie. Er hatte so eine Persönlichkeit: Was er sagte, war immer kurz und knapp, und das machte einen guten Eindruck."
"Die Woche" als Vorläufer
Bereits ein Jahr bevor der "Spiegel" erschien, gründete Challaner das Magazin "Die Woche" und verpflichtete Augstein als Redakteur. Vorbild waren die britische "News-Review" und die US-amerikanische "Time". Nun mussten die jungen deutschen Redakteure lernen, wie man aus einer Nachricht eine "Story" macht.
Leo Brawand, Spiegel-Redakteur der ersten Stunde: "Und dann erst mal das Lead bringen, das sich wie ein Lasso um den Leser schlingt, und dann kommt eine Retrospektive, da muss man erzählen, was war in dieser Sache vorher, und dann muss man sehen, dass man möglichst mit einem Schluss aufhört, der bei dem Leser so einen Aha-Effekt auslöst."
Daneben mussten Augstein und seine Kollegen im sechsten Stock des Pressehauses An der Goserieder in Hannover sich überhaupt erstmal als Redaktion zusammenfinden, denn längere journalistische Erfahrung brachte kaum jemand mit.
Leo Brawand erinnerte sich: "Praktisch nur drei ältere Leute, alle anderen waren Twens, und wenige hatten journalistische Erfahrung. Man darf nicht vergessen, denn alle richtigen Redakteure waren in der Nazi-Partei gewesen und waren sofort vom Berufsverbot betroffen. Wir waren eine richtige Laienspielgruppe."
Kurz vor dem Aus
Doch die respektlose Art, mit der die "Woche" in ihren Artikeln über die Nachkriegsrealität berichtete und auch die Besatzungsmächte nicht verschonte, hatte Konsequenzen. Major John Challaner, Herausgeber der "Woche", verlor seinen Job: "Um die Weihnachtszeit sollte das Blatt verboten werden, wegen dieser frechen Berichte. Und dann hieß es eben: Nein, nicht verbieten, wenigstens ein neuer Titel und ein neuer Herausgeber, und das war eben Augstein. Der hat seinen Vater gefragt, und der hat gesagt, nenn das Ding "Der Spiegel", und seitdem heißt es "Der Spiegel"."
Schon die erste Ausgabe des "Spiegel" vom 4. Januar 1947 enthielt Rubriken wie: Panorama, Deutschland, Ausland, Wirtschaft und Personalien. Rudolf Augstein hatte, trotz seiner jungen Jahre, das Redaktionsruder fest in der Hand. Er und sein Team hausten eher wie in einer Wohngemeinschaft, klauten Nachts Kohlen, um tagsüber schreiben zu können. Sie verstanden sich als journalistische Speerspitze in einem neuen demokratischen Deutschland.
Augstein schaffte es in kurzer Zeit seine Vorstellungen in der Redaktion erfolgreich durchzusetzen: Sein Anspruch: vor nichts und niemand zurückzuschrecken. Rudolf Augstein sagte in einem Rückblick: "Ich erinnere mich des Tages im Bundeshaus, an dem Konrad Adenauer und Kurt Schumacher mir beide die Hand nicht mehr gaben. Es war derselbe Tag, es war dieselbe Ausgabe des "Spiegel", über die sich die beiden Herren geärgert haben."
Autorin: Doris Bulau |
 |
|
 |
|
|
|
 |
|
 |
|
|
|
 |
|
|
 |
|