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28.11.1983: Ulf Merbold im All
"Es ist zunächst einmal eine ganz dramatische Erfahrung, dass man in weniger als neun Minuten vom Boden, vom soliden Boden der Mutter Erde in eine Umlaufbahn um die Erde aufsteigen kann, in 250 Kilometer Höhe gebracht wird und dabei noch auf eine Geschwindigkeit von 27.000 km/h. Man wird dabei natürlich gewaltig in seinen Sitz gedrückt durch die Beschleunigung der Rakete. Aber dann kommt ein ganz dramatischer Moment: Die Triebwerke werden abgestellt und dann hängt man in den Anschnallgurten und ist mit einem Schlag schwerelos. (...) bleibt es für die gesamte Dauer der Mission. Das ist die erste große Überraschung", erzählte Dr. Ulf Merbold später über seine Empfindungen am 28. November 1983, während er als erster westdeutscher Astronaut an Bord der US-Raumfähre "Columbia" in den Erdorbit geschossen wurde, "dann kommt viel intellektueller die Erfahrung, dass man in 90 Minuten die ganze Erde umrundet.
(...) man schaut hinunter und ist fasziniert von dieser hinreißenden Ästhetik der weißblauen Erdkugel und fragt sich dann auch, ob wir diese traumhafte Kugel vielleicht nicht schon überstrapazieren. Denn sie verliert mit einem Mal ihre Größe. Wenn es in anderthalb Stunden möglich ist, den ganzen Erdball zu umfliegen, dann wird die Erde sehr klein!"

Spacelab - ein voller Erfolg

Während der Mission im europäischen Raumlaboratorium Spacelab, das der US-Shuttle mitführte, arbeitete Ulf Merbold an zahlreichen Experimenten. Improvisation und Flexibilität waren gefordert. Die Zusammenarbeit mit den US-amerikanischen Kollegen von der NASA war ausgezeichnet. Das NASA-Kontrollzentrum in Houston, Texas, ließ der Mannschaft im All weitgehend freie Hand. Spacelab, so Merbolds Resümee, wurde ein voller Erfolg. Das Gerät war sicher und bot während des bis zum 9. Dezember 1983 dauernden Fluges gute Arbeitsbedingungen.

Biografisches

Geboren wurde Ulf Merbold am 20. Juni 1941 im thüringischen Greiz. Nach dem Abitur 1960 bekam er keinen Studienplatz in der ehemaligen DDR, er floh nach Berlin (West) und begann ein Jahr später in Stuttgart ein Physikstudium, das er mit Promotion abschloss. In Stuttgart heiratete Merbold, mit seiner Frau hat er zwei Kinder. Er liebt Bach und Mozart, spielt Klavier, fährt Ski und ist passionierter Segelflieger.

Schon früh interessierte ihn die Raumfahrt, er wurde in den Kreis der Raumfahrt-Aspiranten der NASA aufgenommen. 1977 begann er mit dem Training, sollte schon 1980 fliegen, doch mehrfach wurde der Start verschoben.

Dann, am 28. November 1983, umkreiste er als erster Westdeutscher die Erde. Die Ehre des ersten Deutschen im All überhaupt gebührt jedoch dem DDR-Kosmonauten Sigmund Jähn, der schon 1978 an Bord eines sowjetischen Raumschiffes die Welt von oben betrachten konnte.

Weitere Stationen der Astronauten-Laufbahn Merbolds: 1986 steuerte er bei der deutschen D-1-Mission den Funkverkehr von der Erde aus. Bei der D-2-Mission 1991 war er Leiter des deutschen Astronautenbüros. Dann im Januar 1992 sein zweiter Raumflug an Bord des US-Raumtransporters Discovery - schließlich der dritte Einsatz im Oktober/November 1994 an Bord der russisch-europäischen Mission Euromir 94.

Der Blick von oben

Gemeinsame Weltraumfahrt großer und kleiner Mächte - für Ulf Merbold eine bedeutende Sache. Aber: Wie steht es um internationale Gemeinsamkeit in der Bekämpfung der weltweiten Armut, der Umweltverschmutzung und Ungerechtigkeit? Könnte der Blick von oben auf die Erde Politiker dazu noch mehr bewegen? wird Merbold oft gefragt: "Ich habe über diese Sache mit vielen Astronauten und inzwischen auch Kosmonauten aus beiden Teilen der Welt, mit den Amerikanern und den Russen, gesprochen. Wir sind uns alle einig, dass das eine gute Idee wäre, die Politiker dort einmal hinzubringen, um ihnen einmal vorzuführen, dass auf diesem Erdball eigentlich nichts gemacht werden kann, ohne dass nicht alle davon betroffen wären."

Autor: Karl-Heinz Lummerich
   
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