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3.11.1956: Werbefernsehen in Deutschland
Den Hinzens und den Kunzens ging es nicht schlecht, Mitte der 1950er-Jahre. Die ersten Nöte nach dem Zweiten Weltkrieg waren vorbei, das erste Geld verdient. Es gab wieder Arbeit in Nachkriegsdeutschland. Nun ließ man es sich wieder gut gehen.

Die Hinzens und die Kunzens gönnten sich den kleinen Luxus: einen Motorroller, eines der neuen winzigen Autos wie die BMW-Isetta. Vielleicht auch eine technisch perfekte Küche, in der die Arbeit der Hausfrau leichter von der Hand ging. Die Deutschen konnten sich ihre Träume wieder leisten.

Die Werbung reagierte auf diese Bedürfnisse, auf den ersten Konsum. Eine Unmenge kurzer Werbefilme lief vor Beginn der großen Filme in den Kinos. Doch verging nach Kriegsende noch eine ganze Weile, bis der deutsche Werbefilm auch ins Fernsehen kam. Erst 1956 wurde für das Fernsehen gesetzlich erlaubt, was im Kino schon seit Jahrzehnten üblich war.

Konventionell und konservativ

Das Bayerische Fernsehen begann mit den ersten Werbefilmen im November 1956. Gezeigt wurde eine bewährte Mischung - Filme, die zuvor bereits im Kino gezeigt worden waren. Echte Klassiker waren darunter, wie eine Persil-Werbung zum Beispiel: Ein Paar in den besten Jahren sitzt beim gemeinsamen Essen in einem Restaurant. Die Stimmung ist gut, die Unterhaltung angeregt, bis dem Mann ein Missgeschick passiert: Sein Fleisch springt ihm vom Teller, die Tischdecke ist verschmutzt und seine Ehefrau außer sich - der Kellner hingegen ist gelassen, gibt es doch Persil.

Die frühen Werbefilme verzichteten auf das Ausgefallene oder Bunte - und dementsprechend wurden auch die Figuren gestaltet. "Menschen wie du und ich" sollten glaubwürdig wirken, und deshalb wurde auch hinsichtlich der Rollen, die Mann und Frau einnahmen, auf jede unkonventionelle Idee verzichtet.

Die Werbung der 1950er war - wie das gesellschaftliche Leben auch - konservativ. Das galt nicht nur für die ältere Generation, wie sie in der Persil-Werbung vorkam, sondern auch für die Jugend. Ein Werbefilm der damaligen Zeit der Zigarettenmarke Overstolz zeigt: Auch das junge Paar ohne Kinder, das in einer modernen Etagenwohnungen in der Vorstadt wohnt, teilt sich die Arbeit in altbewährter Form. Der Overstolz-Spot zeigt eine moderne die junge Hausfrau, die ihren Mann morgens zum Auto begleitet, um ihm ein paar gute Wünsche mit auf den Weg zu geben: Hut, Mantel; Tasche und - Overstolz eben.

Zielgruppe: Frauen

Frauen standen oft im Mittelpunkt der Filme. Schließlich waren sie eine wichtige Zielgruppe der Werbemacher. Denn in der Regel entschieden Frauen, wofür das immer noch knappe Haushaltgeld ausgegeben werden sollte.

Ratgeberfiguren wie die von Dr. Oetker erfundene Figur "Renate" sollten ihnen dabei behilflich sein. Mit Rat und Tat stand jene patente "Renate" den Frauen zur Seite, wenn es darum ging, das häusliche und leibliche Wohl ihrer Lieben zu vergrößern - natürlich ganz im Sinne von Dr. Oetker.

Produkte wie die von Dr. Oetker, Tütensuppen, Soßenbinder oder Filterkaffee sollten die Arbeit in der Küche schneller machen, Staubsauger und Wischtücher die Hausarbeit einfacher. Die Werbefilme der 1950er galten den großen, Erfolg versprechenden Marktsegmenten: Lebensmittel, Autos und Haushaltsartikel.

HB-Männchen

Nur einzelne Werbefiguren schafften nahtlos den Übergang vom Kino ins Fernsehen. Zu den bekanntesten gehört das HB-Männchen "Bruno". Der Alltag dieses rundlichen kleinen Zeichentrickmännchens steckte voller Tücken. Nichts konnte er tun, nicht einmal Rasenmähen ohne dass sich die Geschicke gegen ihn wendeten. Die alltäglichen Miniaturkatastrophen, die Bruno durchmachte, endeten stets damit, dass der kleine Mann außer sich vor - Wut in die Luft ging.

Auf diese Weise wurde die unglückliche Gestalt Klassenbester: 25 Jahre lang flimmerte Bruno erst über die Lewinwand, dann über den Bildschirm - und wurde so erfolgreich wie keine andere Figur der frühen Werbefilme.


Autorin: Ute Schaeffer
   
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