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1.10.1982: Helmut Kohl Bundeskanzler
Den ganzen Sommer des Jahres 1982 über brodelte in Bonn die Gerüchteküche. Dass es mit der sozial-liberalen Koalition nach 13 Regierungsjahren zu Ende ging, war mit Händen zu greifen. Die Spekulationen drehten sich eigentlich nur noch um das Wann und das Wie.

Knapp zwei Jahre vorher noch hatten Sozialdemokraten und Liberale bei den Bundestagswahlen ihre Mehrheit bestätigen können. Dem Kanzlerkandidaten der Union, dem bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, war es nicht gelungen, den seit sechs Jahren regierenden Bundeskanzler Helmut Schmidt vom Thron zu stoßen.

Doch schon ein Jahr später begannen sich die Vorzeichen zu ändern. Der Unmut in der SPD über die Nachrüstungspolitik der eigenen Regierung wuchs. Gleichzeitig mehrten sich bei den Freien Demokraten die Stimmen jener, die ein Umsteuern in der Wirtschafts- und Finanzpolitik forderten. Und - was nicht weniger wichtig war - bei den Christdemokraten hatte der CDU-Vorsitzende und Oppositionsführer im Deutschen Bundestag Helmut Kohl wieder das Heft fest in der Hand.

Die Freien Demokraten waren schon nach dem SPD-Parteitag im April zunehmend auf Distanz zum Koalitionspartner gegangen. Eine der treibenden Kräfte dabei war Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff, der nach Aufforderung durch Bundeskanzler Schmidt seine kritische Position schriftlich fixierte und eine grundlegende Neuorientierung der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik verlangte. Mitte September wies der SPD-Vorstand mit scharfen Worten die FDP-Forderungen zurück und machte damit den Bruch öffentlich.

Danach geht es Schlag auf Schlag. Am 17. September 1982 treten die vier Bundesminister der FDP zurück. Bundeskanzler Helmut Schmidt regiert nur noch mit einer Minderheitsregierung. Sofort beginnen Koalitionsverhandlungen zwischen den Christdemokraten und den Liberalen, die schon nach wenigen Tagen erfolgreich abgeschlossen werden. Man einigt sich auf ein wirtschafts- und sozialpolitisches Erneuerungsprogramm, auf die Einhaltung des Nachrüstungsabkommens und, was für die Liberalen besonders wichtig ist, auf nicht sofortige Neuwahlen (was SPD und auch die bayerische CSU fordern), sondern erst im kommenden Frühjahr.

Die neuen Partner bringen einen Antrag nach Artikel 67 des Grundgesetzes im Deutschen Bundestag ein, das sogenannte konstruktive Misstrauensvotum. Sie schlagen die Wahl des Abgeordneten Dr. Helmut Kohl zum Bundeskanzler vor, was zugleich die
Abwahl des amtierenden Bundeskanzlers Helmut Schmidt bedeutet.

In der entscheiden Sitzung des Deutschen Bundestages am 1. Okober 1982 prallen die Meinungen hart aufeinander. Der Fraktionsvorsitzende der SPD Herbert Wehner geht mit der Union und den Liberalen hart ins Gericht: "Zu entscheiden ist, ob Herr Kohl jetzt Kanzler wird. den die große Mehrheit der Bevölkerung für überfordert hält, mit den großen Problemen einer Krisen erschütterten Zeit fertig zu werden, oder ob Helmut Schmidt jetzt erneut Gelegenheit erhält, sich der Entscheidung der Wähler zu stellen. Hören Sie doch mit Ihrem Gekreische auf. Wir haben uns doch auch ruhig verhalten. Irgendwo krabbelt es bei Ihnen."

Der damalige Generalsekretär der CDU, Heiner Geißler, formuliert die Beweggründe der Union: "Es geht darum, erstens das Vertrauen der Bürger in die parlamentarische Demokratie neu zu festigen, zweitens unser Land aus der schwersten Wirtschafts- und Sozialkrise der Nachkriegszeit wieder herauszuführen, drittens die geistigen und moralischen Grundlagen unseres Zusammenlebens zu erneuern und viertens unserer Jugend wieder die Hoffnung für eine lebenswerte Zukunft zu geben."

In der anschließenden Abstimmung votiert eine solide Mehrheit für Helmut Kohl, der noch am gleichen Tag zum sechsten Bundeskanzler der
Bundesrepublik Deutschland ernannt und als solcher vereidigt wird. Ein Amt, das er 16 Jahre lang ausüben sollte, so lange wie kein anderer vor ihm.

Autor: Wolter von Thiesenhausen
   
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