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12.6.1886: Gefangennahme Ludwigs II.
Als der langersehnte Erbprinz am 25. August 1845 im grünen Salon auf Schloss Nymphenburg in München zur Welt kam, zeigte sich der Vater, Seine Königliche Hoheit Kronprinz Maximilian, zunächst überwältigt vor Glück. Dieser Erbprinz Otto Ludwig Friedrich Wilhelm von Bayern aus dem Geschlecht der Wittelsbacher sollte als "Märchenkönig" in die Geschichte eingehen.

Ludwig II. Regentschaft, seine exzentrische, bizarre Persönlichkeit, sein geheimnisumwittertes Leben, seine phantastischen Schlösser, sein mysteriöser Tod am 13. Juni 1886 im Starnberger See, sind von Legenden umwoben.

Ludwig und sein drei Jahre jüngerer Bruder Otto wuchsen unter einem strengen Vater auf, der für den schwärmerisch veranlagten Erbprinzen wenig Sympathie aufbrachte und die Jungen kaum für die Wirklichkeiten des Lebens erziehen ließ. Die Prinzen verbrachten den größten Teil ihrer Jugend auf Schloss Hohenschwangau im Allgäu. Der phantasiebegabte Ludwig war fasziniert von den Wandgemälden dort aus der mittelalterlichen Sagenwelt und der deutschen Geschichte. Seine bergbegeisterte Mutter hatte in dem Knaben zudem die Liebe zu den einsamen Bergen geweckt.

Ein Ereignis, das sein ganzes Leben bestimmen sollte, war der Besuch des 15-jährigen bei einer Aufführung der Oper "Lohengrin" von Richard Wagner in der Münchener Hofoper, die mit ihrer Musik und Szenerie die Hohenschwangauer Wirkungen noch überhöhte. Ludwig entwickelte eine glühende Liebe zu dem Komponisten, den er später großzügig förderte und dessen Einfluss er sich nie entziehen konnte - wie er überhaupt im Laufe seines Lebens schwärmerische Freundschaften zu Männern pflegte.

Als sein Vater, König Maximilian II., 1864 plötzlich starb, wurde der schöne, hochgewachsene Prinz im Alter von 18 Jahren, völlig unvorbereitet auf diese Aufgabe, zum König berufen. Trotz seiner Unerfahrenheit nahm er die ihm gestellten Aufgaben sehr ernst, musste jedoch bald erkennen, dass es das von ihm angestrebte absolute Königtum im 19. Jahrhundert nicht mehr gab und er nur ein Repräsentant seines Landes war. Immer mehr mied Ludwig die Regierungsgeschäfte und die Münchener Residenz. Bayern wurde in zwei kurze, für das Land katastrophale Kriege hineingezogen, die der friedfertige König nicht wollte.

"Das alles hat dazu beigetragen, dass er sich immer mehr zurückzog, immer mehr in eine Scheinwelt, wo er der König war." Georg Grieser, der sich ein halbes Leben lang mit der Geschichte des menschenscheuen "Märchenkönigs" beschäftigt hat.

Für sein entrücktes Königreich schuf sich Ludwig II. eine eigene Welt, die seinen Vorstellungen und Träumen vom Königtum und der wagnerschen Mythenwelt entsprach. Mit der Wirklichkeit hatte sie nichts mehr gemein. Der Bau seiner prunkvollen, verschwenderisch ausgestatteten Schlösser brachte Bayern schließlich an den Rand des Ruins. Die Regierung und die Familie wehrten sich.

Die letzten Lebenstage des inzwischen aufgedunsenen, krankhaft-weltfernen 41-Jährigen Monarchen sind dramatisch:

8. Juni 1886: Der König wird von einem Ärztegremium unter Führung seines Leibarztes Dr. von Gudden für unheilbar geisteskrank erklärt und entmündigt. Dr. Gudden überbringt Ludwig diese Nachricht auf Schloss Neuschwanstein.

10. Juni: Der erste Versuch zur Festsetzung des Königs schlägt fehl.

12. Juni: Beim zweiten Versuch gelingt es der Regierungskommission, den König gefangen zu nehmen und zum Wittelsbacher Schloss Berg am Starnbeger See zu verbringen.

Abend des 13. Juni: Der König und Dr. Gudden finden unter mysteriösen Umständen im Starnberger See den Tod; heute eine Wallfahrtsstätte nicht nur für die bayerischen Königstreuen:

Grieser: "Da hinten in Fahrtrichtung sehen wir die Votivkapelle. Das ist die Gedenkstätte für König Ludwig II., der hier am 13. Juni 1886 mit seinem Leibarzt Dr. von Gudden auf tragische Weise ertrunken ist. Unten am See ist die Stelle mit einem Holzkreuz markiert."

Mit Ludwigs Tod im See - vieles deutet auf einen Mord hin - ist das Mysterium um diesen Monarchen noch nicht zu Ende. Julius Desing, über 30 Jahre Schlossverwalter auf Neuschwanstein, ein exzellenter Kenner des königlichen Lebens, sagt:

Desing: "Offiziell ist er in der Krypta der Michaelskirche in München beigesetzt. Aber Fachleute wissen, dass der Sarkophag leer ist dort. Der König wurde während der Kriegsjahre entfernt und nie wieder zurückgebracht. Man behauptet, er liege in der Kirche zu Andechs am Ammersee."

Die wahre Geschichte ruht wohl in den Familienarchiven der Wittelsbacher. Doch die schweigen sich bis heute aus.

Autor: Winfried Kurrath
   
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