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9.6.1950: Gründung der ARD
Im Sommer 1950 erschien folgende Nachricht in der Tagespresse: "Die in Bremen durchgeführte Tagung der Rundfunk- und Verwaltungsräte, der Intendanten, der Verwaltungsdirektoren und Juristen fand ihren Abschluss. Auf der Tagung wurde als bedeutsamstes Ergebnis die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten einstimmig beschlossen."

Damit waren die Rundfunkanstalten der einzelnen Länder der jungen Bundesrepublik gemeint. Das Medium Rundfunk selbst war damals noch keine 30 Jahre alt. Was seine Organisation betraf, hatte es aber schon verschiedene Entwicklungsstufen hinter sich.

Während der Weimarer Republik bestritten private regionale Sendegesellschaften das Radioprogramm, die Kontrolle lag in der Hand der Zentralen Reichsrundfunkgesellschaft. Dahinter verbarg sich die Post. Ab 1933 war der Rundfunk dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt. Diese Behörde lenkte den nationalsozialistischen Einheitsrundfunk.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zerschlugen die Alliierten die bisherige Rundfunkorganisation. Ihr Ziel war, einen Rundfunk in Deutschland aufzubauen, der nicht mehr als staatliches Propagandaorgan missbraucht werden konnte. Edmund Schächter war damals US-amerikanischer Kontrolloffizier bei Radio München. Er fasste die Idee zusammen: "Die Radiostationen sollen unserer Auffassung und tiefsten Überzeugung nach nicht mehr Sprecher und Organ der jeweiligen Regierung sein. Die Radiostationen sollen alle Schichten des Volkes vertreten und allen Gruppen und Parteien die Möglichkeit geben, ihre Meinung zu sagen."

Voraussetzung dafür war, dass Rundfunk nicht mehr zentral organisiert werden durfte. Der Schlüssel lag in der politischen Neustrukturierung Westdeutschlands. Die Bundesrepublik Deutschland entstand, die Kulturhoheit wurde nicht in die Hand des Bundes, sondern in die Hand der einzelnen Länder gelegt. Die Bundesländer unterhalten Rundfunkanstalten, die ihre Programmgestaltung selbständig verantworten. Diese Landesrundfunkanstalten beschlossen am 9. Juni 1950, eine Arbeitsgemeinschaft zu bilden. In der Tagespresse konnte man damals lesen: "Die Aufgabe der neuen Arbeitsgemeinschaft wird es sein, Probleme zu lösen, die die Sender gemeinsam berühren. Sie bedeutet aber keinen Eingriff in die Unabhängigkeit der Geschäftsführung der einzelnen Rundfunkanstalten."

Zu den gemeinsamen Aufgaben gehört zum Beispiel ein Finanzausgleich, der die kleinen finanzschwachen Sender an den Umsätzen der finanzstarken Sender beteiligt. Eine andere zentrale Aufgabe ist der Programmaustausch innerhalb der Gemeinschaft.

Gründungsmitglieder der "Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland", kurz ARD, waren der Bayerische Rundfunk, der Hessische Rundfunk, Radio Bremen, der Süddeutsche Rundfunk, der Südwestfunk und der Nordwestdeutsche Rundfunk. Hans Bausch war langjähriger Intendant des Süddeutschen Rundfunks und dreimal Vorsitzender der ARD. Er sagt über die Anfänge:
"Die Gründung der ARD könnte man mit den Worten charakterisieren: So wenig Einheit wie möglich!"

Gründungsmitglieder beschrieben die junge ARD damals als lockeren Zusammenschluss mit Vereinscharakter. Das wäre sie vielleicht auch geblieben, hätte sie nicht schon bald eine ernste Probe bestehen müssen. Die mühevoll gesicherte Unabhängigkeit des Rundfunks war in Gefahr. Rundfunk war bis dahin gleichbedeutend mit Hörfunk. Aber Weihnachten 1952 hatte das Fernsehen seinen Betrieb aufgenommen.

Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer witterte die Gelegenheit, über das Fernsehen die Rundfunkhoheit wieder in die Hand des Bundes zu bekommen. Im Frühjahr 1953 legte er einen Gesetzentwurf zur Gründung einer staatlichen Fernsehanstalt vor. Das Gesetz konnte zwar verhindert werden, aber Eile war geboten. Auch das Fernsehen musste schleunigst in die Statuten der ARD einbezogen werden. Ein Fernsehvertrag wurde erarbeitet. Fritz Eberhard, ehemaliger Intendant des Süddeutschen Rundfunks, berichtet: "Die ARD hat ihre Bewährungsprobe bestanden beim Abschluss des Fernsehvertrages im März 1953. Dieser Vertrag musste zwischen einer zentralistischen und einer föderalistischen Lösung die Mitte halten. Es musste also eine enge Zusammenarbeit stattfinden, und gleichzeitig musste die Unabhängigkeit der einzelnen Anstalten gewahrt bleiben. Wir fanden zwei Regelungen dafür: Erstens: Hatten wir eine ständige gemeinsame Programmkonferenz, in der jede Anstalt einen Vertreter sitzen hatte. Und zweitens hatten wir die Regelung: Jede Anstalt hat das Recht, aus dem Gemeinschaftsprogramm abzuschalten, wenn sie glaubt, eine einzelne Sendung nicht verantworten zu können."

Praktisch heißt das, die ARD strahlt seit damals ein gemeinsames Fernsehprogramm aus. Es trägt den Namen "Erstes Deutsches Fernsehen". Je nach Landesgröße haben die einzelnen ARD-Anstalten einen bestimmten Anteil zum gemeinsamen Programm zu liefern. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands ist neben dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg noch der Mitteldeutsche Rundfunk zur ARD hinzugekommen.

Mitte der 1960er-Jahre bekam die ARD mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen ZDF öffentlich-rechtliche Konkurrenz. Seit Mitte der 1980er-Jahre bemühen sich auch zahllose private Sender um die Zuhörer und Zuschauer. Die erfolgreichste Sendung der ARD ist gleichzeitig ihre älteste. Seit 1952 tönt es täglich um 20.00 Uhr in Millionen von Wohnzimmern: "Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau."

Autorin: Kathrin Müderler
   
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