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2.6.1967: Benno Ohnesorg erschossen
Der Schah von Persien war gerne und oft zu Gast in Deutschland. So auch an diesem 2. Juni 1967, als Reza Pahlavi mit seiner Frau Farah Diba in Berlin zum festlichen Opernabend eintrifft. In Begleitung des Regierenden Bürgermeisters Heinrich Albertz genießen die Gäste die "Zauberflöte" und versuchen zu vergessen, was sie draußen hatten erleben müssen. Der Schah - bisher der Liebling vor allem der Regenbogenpresse in Deutschland - war von einer wütenden Menge demonstrierender Studierender empfangen worden, die diesmal aber nicht gegen den Vietnam-Krieg demonstrieren, sondern gegen den vermeintlichen Statthalter der USA im Mittleren Osten:

Sie halten ihre Schilder nach oben, auf denen zu lesen steht: "Keine Diktatoren als Gäste einer freien Stadt", "Blutsauger, Mörder raus", "Mörder nicht in eine freie Stadt", "gebt die politischen Gefangenen frei".

Schon auf dem Weg zur Oper hatte es ungewöhnliche Szenen gegeben, unter anderem, als iranische Schahanhänger mit langen Holzlatten auf Demonstranten einschlugen. Die Polizei hatte höchste Alarmstufe, war aber offenbar nicht Herr der Lage. Nur knapp entgeht das Monarchenpaar vor der Oper einem Hagel von Eiern und Tomaten und wird sicher in das Gebäude geleitet.

Eskalation

Nicht nur die Polizei scheint überfordert, sondern auch die Politik: Bürgermeister Albertz verlangt, bis zum Ende der Oper sollten Ruhe und Ordnung wiederhergestellt werden, und die Polizei beginnt, noch härter durchzugreifen: Nach der sogenannten "Leberwurst-Taktik" dringt sie mitten in die Demonstration ein und treibt die Demonstranten auseinander oder doch zumindest in die umliegenden Hinterhöfe. Hierbei geht sie nicht zimperlich gegen die Studenten vor. Es gibt zahlreiche Verletzte und Verhaftete.

Vor der Einfahrt zu einem dieser Höfe liegt wenig später ein Toter im roten Hemd: Benno Ohnesorg, ein Student aus Hannover, der nachweislich nicht zu den Rädelsführern der Demonstration gehört hatte, sondern eher passiv mitgelaufen war. Ein Augenzeuge erzählt Reportern, was geschehen war: "Ich stand am Rande dieses Hofes und habe gesehen, wie eine Traube von Polizisten um diesen Mann mit dem roten Hemd herumgruppiert war und auf ihn losschlug. Er war völlig wehrlos. Lag er auf dem Boden? Nein, er lag noch nicht auf dem Boden; er wurde so halb gehalten von den Polizisten. Er konnte kaum fallen, weil die ganz dicht auf ihn heraufdrängten und ihn verprügelten. Schlug er die Polizisten wieder? Nein, nein. Er war völlig passiv. Dann habe ich plötzlich das Mündungsfeuer von der Pistole gesehen und den Knall von der Pistole. Im nächsten Moment habe ich gesehen, wie er halb hinter einem Auto auf dem Boden lag und sich nicht mehr rührte."

Entsetzen - und Konsequenzen

Viele reagieren mit Empörung und Entsetzen. Dies verstärkt sich, als der Todesschütze, ein Polizist, auch noch freigesprochen wird. Das Gericht befindet, dass der Beamte sich in "subjektiv in Lebensgefahr gewähnt haben könnte". Eine Begründung, die von der Öffentlichkeit so nicht oder nur mit großem Argwohn akzeptiert wird.

Die politische Diskussion bleibt nicht aus, und Bürgermeister Albertz erklärt seinen Rücktritt. Linke Gruppen aber nehmen den Tod Benno Ohnesorgs zum Anlass, den Staat als repressiv zu verurteilen und immer heftiger gegen jede staatliche Autorität zu demonstrieren. Die Demonstrationen, die sich bislang fast ausschließlich auf Berlin beschränkt hatten, weiten sich auf die gesamte Bundesrepublik aus.

Und es dauert nicht lange, bis es hier und da zu ersten Terrorakten kommt. An diesem 2. Juni ahnt noch niemand die volle Tragweite des Geschehens, aber der Tod des Studenten Benno Ohnesorg in Berlin soll Katalysator werden der 68er-Unruhen.


Autor: Peter Philipp
   
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