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21.1.1957: Schnellfahrer im Visier |
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Tausende Male am Tag klicken auf Deutschlands Straßen Kameraverschlüsse in grauen Kästen am Straßenrand oder in Kameras auf der Heckablage von unauffälligen Polizeiautos.
Am 21. Januar 1957 führte das Nordrhein-Westfälische Innenministerium die Kombination aus Radargerät und Kamera ein, um Raser zu überführen. Auf der internationalen Polizeiausstellung in Essen hatte die Firma Telefunken im September 1956 ihr erstes Verkehrs-Radar-Gerät, kurz VRG 1, vorgestellt.
Der Apparat bestand aus einem Kasten von der Größe eines Fernsehers: Das Sende- und Empfangsgerät für Radarstrahlen. Die Strahlen wurden von vorbeifahrenden Autos in einer bestimmten Zeit zurückgeworfen, die Zeitdifferenz der Strahlen ergab die Geschwindigkeit des Autos. Lag die über einem bestimmten Grenzwert, löste das Gerät einen Blitz und einen Fotoapparat aus, der den Verkehrssünder mehr oder minder zuverlässig im Bild festhielt.
Die Anlage wirkte kompliziert und unhandlich, ließ sich aber in die Frontseite eines Polizeiautos einbauen, das nun, unauffällig am Straßenrand geparkt, seine Strahlen aussendete.
"Die Polizei setzt keine Geheimwaffen gegen friedliche Büger ein, sondern sie überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Verkehrsvorschriften mit einem sehr modernen, sehr genauen und gesetzlich erlaubten Gerät, dessen Wirkungsweise jeder kennen darf",
schrieben die Verfechter der neuen, in den USA erfundenen und letztlich aus den Arsenalen des Militärs stammenden Radartechnik damals. Autofahrer nannten sie "Radarfalle" oder "Anzeigenroboter".
Allerdings waren schon vorher rasende Autofahrer "geblitzt" worden. Ab Mitte des Jahres 1956 hatte die Polizei Überwachungsfahrzeuge im Einsatz, bei denen hinter der Windschutzscheibe Kameras angebracht waren. Auf dem Kotflügel stand ein überdimensionierter Tachometer mit einer eingebauten Uhr. Der wurde von einer eigenen Lampe auf dem Dach des Autos angestrahlt. Erwischte das Polizeiauto einen Raser, wurde der mit gleicher Geschwindigkeit verfolgt. Ein Polizist löste dann die Kamera aus, die wiederum das vorausfahrende Fahrzeug samt Kennzeichen aufnahm und mittels einer Speziallinse den beleuchteten Tachometer auf dem Kotflügel samt Uhrzeit.
Es war das erste halbwegs automatische Verfahren zu Geschwindigkeitsmessung, das einen Beweis, das Foto, ermöglichte. Für die Schulung der Polizisten, die die neuartigen "Kamerawagen" und ihre Technik beherrschen sollten, veranschlagte die Polizei 18 Tage.
Bis dahin hatte die Polizei mit Stoppuhren, Funkgeräten und Geschwindigkeitstabellen in der Hand das Tempo vorbeifahrender Autos ermittelt. Vor Gericht war dann die Beweislage oft eher dürftig.
"Gerät und Polizei haben sich schnell einen hohen Grad an Unpopularität erworben - das Gerät, weil es Zeitungsmeldungen zufolge grobe Fehlmessungen nicht verhindern könne, und die Polizei, weil sie mit dem Gerät aus dem Hinterhalt operiere", vermerkte der Autor einer Fachschrift über die Radartechnik schon 1958.
Die Innenministerien und die Polizei waren sich damals einig: Die neue Technik hat eine große Zukunft, war leicht zu bedienen, lieferte zuverlässige Beweise und war dringend nötig. Im März 1957 hatte der Bundestag nach vier Jahren Geschwindigkeitsfreigabe wieder einheitliche Höchstgeschwindigkeiten auf deutschen Straßen beschlossen; die Polizei war der Auffassung, die Tempolimits müssten auch überwacht und zu schnelles Fahren wirkungsvoll geahndet werden und setzte auf die neue Radartechnik.
Inzwischen sind in Deutschland rund 1700 Geschwindigkeits-Überwachungsanlagen bei Städten und Gemeinden der Polizei im Einsatz. Im Laufe der Jahre sind die simplen Apparate von damals zu hochsensiblen High-Tech-Instrumenten geworden. Die neueste Technik arbeitet mit Laserstrahlen, und das Gerät ist nicht mehr größer als eine Videokamera. Tatsache ist, damals wie heute ist zu schnelles Fahren - neben Alkohol - Unfallursache Nummer Eins auf Deutschlands Straßen.
Autor: Patrick Leusch
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