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18.1.1951: "Die Sünderin" uraufgeführt |
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Es war der größte Leinwand-Skandal in der noch jungen Bundesrepublik Deutschland. Als am 18. Januar 1951 der Film "Die Sünderin" von Willi Forst in Deutschland seine Uraufführung erlebte, brach ein wahrhafter Sturm los: ein Sturm der Entrüstung und des Protestes. In die Kinosäle wurden Stinkbomben geworfen, es wurden Flugblätter verteilt, auf denen zur Verteidigung des "gesunden Ehrgefühls des Volkes" aufgerufen wurde.
Für Wochen und Monate hatte man nur ein Gesprächsthema: "Die Sünderin" wurde zum erfolgreichsten Film des Jahres. Was war das für ein Film, der die Bundesrepublik Deutschland damals in Atem hielt? "Die Sünderin" war ein handfestes Melodrama mit mindestens einem halben Dutzend Problemen.
Zu Anfang: Hoffnung - Am Ende: Gift
Dabei fängt der Film so hoffnungsvoll an: "Ich hörte nichts mehr, nur immer wieder: "Ich liebe Dich". Das hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Und wie in Schauern durchlief es mich. Ja - auch ich liebte, zum ersten Mal in meinem Leben." Marina, die ein zügelloses Leben führt, lernt den Maler Alexander kennen. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer. Alexander ist an einem unheilbaren Gehirntumor erkrankt, der ihn langsam erblinden lässt.
Am Ende greifen beide zum Gift: "Nun ist es geschehen, es ist Wahrheit geworden. Du stirbst und ich habe Dich umgebracht. Hab ich recht getan? Oh Gott im Himmel, ich weiß es nicht. Ich werde verrückt. (...) Ruhig, ganz ruhig, ich weiß ja warum ich es getan habe. Und ich habe Dich nicht im Stich gelassen."
Wirksamer Problemfilm
Das Drehbuch stammt von Gerhard Menzel, bis 1945 verantwortlich für nationalsozialistische Propagandawerke. Problemfilme gehörten damals zum bundesdeutschen Kinoalltag und "Die Sünderin" war ein ganz besonderer. Der Kritiker Claudius Seidl schrieb in seiner "Geschichte des Deutschen Films der 50er Jahre": "Am wirksamsten waren jene Problemfilme, die nicht nur von Problemen erzählten, sondern die auch Probleme machten: den Behörden, der Selbstkontrolle, den Kirchen, anderen Moralhütern und den Darstellern. "Die Sünderin" war der nach dieser Definition wirksamste Problemfilm der frühen 50er-Jahre."
An die Protest-Spitze setzten sich die Kirchen. Josef Kardinal Frings, Erzbischof von Köln, mahnte damals sein Kirchen-Volk: "Ich erwarte, dass unsere katholischen Männer und Frauen, erst recht unsere gesunde katholische Jugend, in berechtigter Empörung und in christlicher Einmütigkeit die Lichtspieltheater meidet, die unter Missbrauch des Namens der Kunst eine Aufführung bringen, die auf eine Zersetzung der sittlichen Begriffe unseres christlichen Volkes herauskommt."
Tabuthemen entrüsten
Es waren vor allem die Tabuthemen "Wilde Ehe", "Prostitution", "Sterbehilfe" und "Selbstmord", die moralische Entrüstung hervorriefen. In der Bundesrepublik der frühen 1950er-Jahre waren das Themen, die bis dato nicht in einer derart offenen Art und Weise angesprochen worden waren. Hinzu kamen noch zwei kurze Szenen, in denen Hauptdarstellerin Hildegard Knef nackt zu sehen war.
Die damals mächtige "Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft" hatte "Die Sünderin" ohne Schnitte freigegeben. Bei "Der Sünderin" hatte man sich offenbar verschätzt. Für Hildegard Knef war vor allem ein Thema die Ursache der öffentlichen Empörung: "Der Grund war, nicht nur dass ich eine Prostituierte spielte, sondern der Grund war hauptsächlich der doppelte Selbstmord zum Schluss. Obwohl das ganze ein ziemliches Melodrama war, hat man das so ein bisschen verheimlicht und hat das dann also auf die Nacktszene gedrückt, was eigentlich ziemlich albern war, und die einzige die darunter zu leiden hatte, war ich. Die Produzenten verdienten sich dumm und doof."
Was immer es auch war: "Die Sünderin" ist rückblickend ein ziemlich Problem überladener Film, schwerblütig und düster. In den 1950er-Jahren, in denen das Alpenglühen der Heimatfilme die Kinoszene beherrschte, musste "Die Sünderin" das Publikum und vor allem einige öffentliche Institutionen nachhaltig verstören.
Autor: Jochen Kürten |
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