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1.5.1890: Tag der Arbeit |
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"Also ich hab an keinem ersten Mai gearbeitet, an keinem! Entweder hab ich mich krank gemeldet, oder ich hab gesagt, ich komme nicht, ich feiere den ersten Mai. Für mich war der erste Mai der höchste Feiertag als klassenbewusster Arbeiter."
"Der erste Mai ist der Tag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihrer Kritik und ihren Forderungen Gehör zu verschaffen."
Doch auch die Maifeiern blieben nicht unberührt vom Wandel der Zeiten. Es waren nicht etwa deutsche, sondern US-amerikanische Arbeiter, die erstmals für ihre Rechte auf die Straße gingen: Am 1. Mai 1886 demonstrierten sie in Chicago friedlich für den Acht-Stunden-Tag, doch eine Bombe explodierte während des Aufmarsches. Die Polizei griff ein, ein Gerichtsprozess schloss sich an, und am Ende wurden sieben Arbeiter wegen Landfriedensbruchs zum Tode verurteilt.
1890 wurde der erste Mai in Deutschland zum ersten Mal begangen, als Kampf- und Kundgebungstag, mit Festumzügen, Versammlungen und Feiern. Die liefen überall nach dem gleichen Muster ab, wie sich Hubert Peter erinnert:
"Da wurde ein Saal gemietet, ein Programm fertiggemacht, und dann wurden in den Betrieben die Karten verkauft zu der Maifeier, es kostete meistens eine Mark Eintritt. Dann wurde erst ein Vortrag gehalten über die Bedeutung des ersten Mai oder was gerade anstand, und dann lief ein Programm ab des Arbeitergesangvereins Godesberg, und wenn der Hauptteil vorüber war, dann fing für die Jugend das Tanzen an."
Gewerkschafter und die mit ihnen verbündeten Sozialdemokraten wurden im Deutschen Reich verfolgt und unterdrückt, und wer Ende des 19. Jahrhunderts auf die Straße ging, riskierte noch den Verlust des Arbeitsplatzes. Zur Forderung nach dem Acht-Stunden-Tag kam im und nach dem Ersten Weltkrieg der Wunsch nach Frieden und Völkerverständigung - im Kaiserreich war das so etwas wie Vaterlandsverrat.
In der Weimarer Republik dann waren die Gewerkschaften zerstritten und erfolglos, es kam zu Straßenschlachten zwischen kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeitern, später auch zu handgreiflichen Auseinandersetzungen mit den Nationalsozialisten. Diese besetzten und vereinnahmten schließlich auch den ersten Mai.
1933 war der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund zwar noch dabei, doch schon einen Tag später wurden im Nazireich die Gewerkschaftszentralen besetzt, die Arbeiterführer landeten im Zuchthaus und später in den Konzentrationslagern. Die Nazis nutzten den ersten Mai fortan für gewaltige Aufmärsche und regelrechte Heerschauen. Nach Jahren des Krieges und der Verfolgung mussten sich die Gewerkschaften mühsam neu formieren.
Gustav Fehrenbach erinnert sich: "In der Nachkriegszeit ging es natürlich vorrangig um andere Probleme - Probleme beispielsweise der Ernährung, der Schwerarbeiterkarte, oder Probleme, die man hatte, um überhaupt Arbeit zu bekommen, um einen Stoff zu bekommen, aus dem dann ein Anzug gemacht werden ist, wie kann man vernünftigerweise eine Familie gründen und ernähren. Diese Probleme wurden auch am ersten Mai angesprochen."
Aber auch die Maifeiern der Nachkriegszeit waren zweierlei: politisches und gesellschaftliches Ereignis - mit Reden und mit Bier und Tanz. Es kamen die 1960er Jahre und mit ihnen das Wirtschaftswunder. Das Interesse am ersten Mai erlahmte - und so richtig erwacht ist es seither nicht wieder, auch wenn die christlich-liberale Regierung unter Helmut Kohl den Gewerkschaften immer wieder Anlass zur Kritik lieferte:
"Diese Politik ist zutiefst ungerecht, die Regierung macht sich damit zum Kumpan der Unternehmer. Die Regierung will offenbar immer mehr Arbeitslose. Arbeitgeber und Regierung schmieden ein Bündnis gegen Arbeit."
Doch die Solidarität mit den Schwachen ist in Zeiten hoher Erwerbslosigkeit nicht mehr sonderlich ausgeprägt. Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes hat den Kampfgeist gedämpft. Für die meisten Menschen ist der erste Mai ein willkommener zusätzlicher freier Tag, den man für Grillfeiern, Ausflüge, Familientreffen nutzt. Vielen kommen die Gewerkschaftsrituale zudem muffig und veraltet vor, die Funktionäre können die Jugend nicht mehr mobilisieren.
Autorin: Cornelia Rabitz
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