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26.2.1993: Anschlag auf das "World Trade Center"
Ein Freitag wie jeder andere. Scheinbar. Im New Yorker "World Trade Center" gehen rund 20.000 Menschen ihrer Arbeit nach und vier Mal so viele werden dieses symbolische Zentrum der westlichen Wirtschaftskraft am Südzipfel von Manhattan besuchen.

In der ägyptischen Hauptstadt Kairo wird ein Terrorist festgenommen, der im überfüllten Lokal "Wadi El Nil" eine Bombe gezündet und dabei zwei Menschen getötet und 18 weitere verletzt hat. In Algier geht fast zur selben Zeit eine mächtige Bombe los und zerstört die städtische Telefon-Zentrale.

Der Anschlag

Ein gemieteter "Ford Econoline" Lieferwagen fährt in die Tiefgarage des "World Trade Center", eine der wenigen Tiefgaragen in Manhattan. Wenig später fliegt der Wagen in die Luft. Er verwüstet die Garage und reißt einen tiefen Krater auf von 60 mal 30 Metern Größe und einer Tiefe von vier Stockwerken. Der Rauch steigt bis zum 46. der 110 Stockwerke hoch.

Sechs Menschen werden getötet und über 1.000 verletzt. Im Parkhaus liegen 6.000 Tonnen Schutt. Experten schätzen, dass die Sprengladung ein Gewicht von rund 700 Kilogramm hatte. Glück im Unglück: Der Anschlag war offenbar darauf angelegt, das Gebäude zum Einsturz zu bringen, dies gelingt aber nicht. Seine Erbauer weisen stolz darauf hin, dass es selbst einer Kollision mit dem "Jumbo-Jet" widerstehen werde.

Tätersuche

Die Sicherheitsbehörden stehen vor einem Rätsel: Wer steckt hinter dem Anschlag? Ist dies die Vergeltung des Irak für den Golf-Krieg? Wollen iranische Mullahs sich für die "amerikanische Arroganz" rächen? Oder Palästinenser für Washingtons Israel-freundliche Haltung?

"Kommissar Zufall" hilft, den Tätern auf die Spur zu kommen: Vom Bombenauto ist zwar so gut wie nichts übrig geblieben, aber man findet das stark verbogene Nummernschild. Der Wagen gehört einer Autovermietung in New Jersey, und dort wird ein junger Mann vorstellig, der den Wagen gemietet hat und seine Kaution zurückfordert. Die Polizei nimmt ihn fest, und es dauert nicht lange, bis man die Gruppe identifiziert hat.

Im Zentrum steht Ramzi Yousef, ein Araber, der 1992 in die USA eingewandert ist und dessen Herkunft mehr als unklar ist. Er selbst bezeichnet sich als Palästinenser, will in Kuwait geboren und naturalisierter Pakistani sein. In die USA reist er mit irakischem Pass ein.

Auslieferung?

Ramzi Yousef hatte in Afghanistan eines der Trainingslager durchlaufen, die Nachwuchs für terroristisch-revolutionäre Gruppen in der arabischen Welt ausbildeten. Und auch ein zweiter, Mahmoud Abuhalima, hat solch einen Afghanistan Hintergrund. Die anderen sind bislang nicht besonders aufgefallen.

Sie gehören aber zum Umfeld eines blinden ägyptischen Geistlichen, der in seiner Heimat wegen Umsturzplänen gesucht wird und der in New Jersey eine neue Bleibe gefunden hat. Scheikh Omar Abdul Rahman wird in der Folge ebenfalls festgenommen. Ägypten scheint jedoch nicht an seiner Auslieferung interessiert, obwohl Präsident Husny Mubarak erklärt, man habe die Vereinigten Staaten wiederholt gewarnt, aber selber nicht geahnt, was da in Vorbereitung war: "Wir haben so viele Informationen erhalten und andere Informationen wurden auch ihrem Geheimdienst übergeben. Aber wir hatten nichts Definitives über das, was sich im "World Trade Center" ereignen sollte."

Der blinde Scheich ist mehrmals mit einem falschen sudanischen Pass in die USA eingereist, die Behörden unternehmen aber nichts gegen ihn. Angeblich, weil er in Ägypten mit der Todesstrafe bedroht sei, will man ihn auch nicht in seine Heimat ausliefern. Und es gelingt Washington offenbar, auch den ägyptischen Präsidenten zu überreden, Rahmans Auslieferung gar nicht erst zu fordern: "Ich fordere nicht, dass Abdul Rahman zurückkommt. Behalten Sie ihn in den USA - wie Sie wollen. Vielleicht ist von großem Wert, dass er hier ist. Aber wer ihn fordern könnte, das ist das Gericht."

Das Werk fanatischer und entschlossener Extremisten

Auch die ägyptische Justiz verlangt nicht die Auslieferung, und Abdul Rahman wird schließlich wie auch die Bombenleger zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Beweise für seine direkte Verstrickung in den Anschlag wurden bis heute nicht vorgelegt, so wie bei den anderen Tätern weiterhin Unklarheit über die Motive herrscht:

Wenn man ihre Aussagen vor Gericht nimmt, dann sind sie zwar religiöse Fanatiker, aber dies allein hat sie nicht zur Tat getrieben. Und eine fremde Macht? Hätte etwa der Irak den Anschlag finanziert, dann wären die Täter wohl besser ausgestattet gewesen, hätten eine noch wirkungsvollere Bombe gebaut und hätten nach der Tat fliehen können.

Offenbar hat Ramzi Yousef, der "Profi" der Gruppe, die anderen mitgerissen, indem er an ihre fanatischen religiösen Ideale appelliert, die wiederum von Sheikh Abdul Rahman gepflegt und gefördert werden. Sonst aber ist der Anschlag vom 26. Februar 1993 eher das Werk einer kleinen Gruppe fanatischer und entschlossener Extremisten.

Und auch ihre Drohungen, es gebe noch zu allem entschlossene Täter in den USA, waren wohl eher Übertreibung. Jedoch soll es achteinhalb Jahre dauern, bis das "World Trade Center" wieder Ziel eines - diesmal allerdings in jeder Hinsicht katastrophalen - Terroranschlages werden sollte.


Autor: Peter Philipp
   
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