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25.1.1924: Erste Olympische Winterspiele
Der beschauliche Kurort Chamonix am Fuße des Mont Blanc. Vom höchsten Gipfel der Alpen ist allerdings nichts zu sehen, Regenwolken verhängen die Silhouette und Tauwetter lässt die weiße Schneepracht dahin schmelzen. An diesem grauen Tag, am 25.Januar 1924, laufen rund 300 Sportler aus 16 Nationen winkend durch den französischen Alpenort. Manche haben die Skier geschultert, andere tragen ihren Bob zu Schau.

Es ist die Eröffnung der "semaine des sports d'hiver", der Wintersportwoche. Die Wettbewerbe der Wintersportwoche werden erst gut ein Jahr später, beim IOC-Kongress in Prag, als erste Olympische Winterspiele anerkannt.

Streitthema: Winterspiele

Winterspiele sind über Jahre ein Streitthema im internationalen olympischen Komitee. Es gibt erhebliche Vorbehalte, besonders in Skandinavien. Dort duldet man keine Konkurrenz zu den traditionsreichen skandinavischen Winterspielen. Auch Pierre de Coubertin, Vater der neuzeitlichen Olympischen Spiele, lässt sich nur langsam vom Sinn und Zweck überzeugen. Man einigt sich auf eine Kompromissveranstaltung, die Wintersportwoche in Chamonix.

Deutsche Athleten sucht man bei der Eröffnung und bei den Wettkämpfen in Chamonix vergebens. Im Gegensatz zu Österreich, das teilnehmen darf, ist Deutschland als Kriegstreiber des Ersten Weltkriegs noch immer von der internationalen Sportgemeinde ausgeschlossen.

Am ersten Wettkampftag können die Veranstalter und Sportler aufatmen, das Thermometer fällt wieder, ideale Bedingungen für die Langläufer, Skispringer, die Eissportler und Bobfahrer. Insgesamt werden elf Individual- und vier Mannschaftswettkämpfe ausgetragen, vom Eishockey über Eisschelllauf bis hin zum Skispringen.

Skisprung, Bob und Langlauf

Den Skisprung dominiert der Norweger Tullin Thams, seine Siegweite: 57 Meter. Thams revolutioniert den Skisprung in Chamonix. Als erster neigt er sich während des Fluges mit dem Oberkörper nach vorne; die anderen springen aufrecht, rudern wild mit den Armen und verlieren.

Gefuchtelt mit den Armen wird auch bei den Bobfahrern. Die vier oder wahlweise fünf Mann dürfen ihr kahles Gefährt aus Stangen und Kufen nicht anschieben. Mit rhythmischen Armbewegungen wird die Fahrt aufgenommen. Bob fahren ist in diesen Tagen lebensgefährlich, fast jede zweite Fahrt in der Eisröhre endete mit einem Unfall. Prellungen und Knochenbrüche sind an der Tagesordnung.

Auch die Bedingungen für die Skilangläufer sind schwierig. Der Parcours über die 50 Kilometer Distanz ist stellenweise nicht gespurt. Der Finne Tampani Niku stürzt in eine Schlucht und bricht sich zwei Rippen. Trotz großer Schmerzen nimmt er auch am 18 Kilometer Lauf teil, er sagte später: "Ich hatte solche Schmerzen bei jedem Atemzug, dass ich das ganze Rennen durch laut schreien musste. Als ich an einem Anstieg an einem Läufer herankam, ging er sofort auf die Seite, als er mich schreien hörte." Niku sollte trotz Handykaps den dritten Platz belegen.

Alles Amateure, wenige Frauen und guter Gewinn

Die meisten der Teilnehmer von Chamonix sind wie Niku Amateure und Gelegenheitssportler. Postboten oder Zöllner, die sich während und durch ihre Arbeit ertüchtigen können. Unter den 300 Athleten sind auch 13 Frauen, ihre Disziplin ist der Eiskunstlauf. Eiskunstlauf hat bereits olympische Tradition: 1908 und 1920 wurde er im Rahmen der Sommerspiele ausgetragen. In kienlangen weißen Wollkleidern huschen die Damen über das Eis. Das Publikum im dafür eigens erbauten Eisstadion ist begeistert. Die Österreicherin Herma Planck Szabo gewinnt den Wettbewerb; ihre und die Kürläufe ihrer Mitbewerberinnen, werden von der Militärkapelle am Rande der Eisfläche begleitet.

Die erfolgreichsten Nationen der einwöchigen Veranstaltung sind Norwegen vor Finnland und Österreich. Mit den meisten Goldmedaillen werden der norwegische Langläufer Torleif Haug und der Eisschnellläufer Clas Thunberg aus Finnland bedacht.

Gewinner ist auch die Stadt Chamonix. Die damals atemberaubende Investitionssumme von zwei Mio. Francs zahlt sich aus. In den Jahren nach den Ersten Olympischen Winterspielen mausert sich die Stadt unter dem Mont Blanc zum Skisport- und Tourismusmagnet.


Autor: Oliver Ramme
   
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