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28.11.1943: Die "großen Drei" in Teheran |
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Der britische Premierminister Winston Churchill und US-Präsident Franklin D. Roosevelt sind bereits seit vier Tagen in der ägyptischen Hauptstadt Kairo, um die gegenwärtige Lage während des Zweiten Weltkrieges zu diskutieren und sich Gedanken zu machen über die Zukunft in Europa, in der Türkei und in Fernost.
Bevor sie sich - vergeblich - um einen Anschluss der Türkei an die Allianz gegen Nazi-Deutschland bemühen und bevor sie Dwight D. Eisenhower zum Oberkommandanten der bevorstehenden Invasion in der Normandie benennen, verlassen die beiden Staatsmänner die Stadt am Nil und fliegen für drei Tage nach Teheran. Dort nämlich sind Gespräche mit Joseph Stalin angesagt, dem Führer der Sowjetunion.
Wenn Churchill diesem auch mit einigem Misstrauen begegnet, so ist Roosevelt überzeugt, dass man sich mit der Sowjetunion arrangieren müsse und dass dieses Land eine wichtige Rolle im Nachkriegs-Europa und in der Welt spielen werde, etwa im Rahmen der von Roosevelt und vielen Amerikanern angestrebten neuen Weltorganisation, die die Aufgaben des gescheiterten Völkerbundes übernehmen soll. Ohne die Sowjets würde solch eine Organisation wirkungslos bleiben.
Die Vereinigten Staaten und Großbritannien beliefern Moskau bereits seit geraumer Zeit mit Waffen, um dem deutschen Einmarsch stand zu halten, und für Roosevelt steht fest, dass eine friedliche Zukunft nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich davon abhängen wird, wie gut die Beziehungen zur Sowjetunion sind.
Für Washington und London ist diese Zukunft bereits vorgezeichnet in Roosevelts Botschaft an den Kongress von 1941, in der er besonders von den vier Freiheiten gesprochen hat: Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Freiheit von Furcht und Freiheit von Not. In der Atlantik-Charta zwischen beiden Ländern sind diese Ziele zum Kriegsziel erklärt worden, ergänzt durch das Recht auf Selbstbestimmung und die Ablehnung von Territorialgewinn durch Kriegshandlungen.
Was zwischen den beiden atlantischen Verbündeten vereinbart ist, soll nach Ansicht Roosevelts auch Grundlage einer Absprache mit der Sowjetunion und China werden, denn nur diese vier Nationen könnten künftig die Verantwortung für die Aufrechterhaltung von Frieden in der Welt übernehmen.
Im historischen Rückblick eine eher fantastische und idealisierende Vision. In Teheran aber treffen Churchill und Roosevelt auf einen umgänglichen Stalin. Der Kreml-Chef hat zwar seine Ansicht vom Sieg des Weltkommunismus nicht aufgegeben, aber er weiß, dass sein Land die Unterstützung des Westens braucht. Die Sowjetunion hat die größte Last des Krieges zu tragen, und Stalin ist klar, dass hiermit auch sein Traum vom Vorantreiben des Sozialismus zurückgeworfen werden würde.
In Teheran wird in erster Linie vereinbart, dass Moskau seinen Angriff auf Deutschland koordinieren soll mit der geplanten Landung in der Normandie, aber Stalin kann auch einige Forderungen vorbringen, die bereits andeuten, was sich im weiteren Verlauf des Krieges bewahrheiten wird:
Er fordert Ostpreußen und die Grenzen, die ihm in den Verträgen mit Berlin und Helsinki 1939 und 1940 zugesichert worden waren. Die Idee einer Organisation der Vereinten Nationen wird in Teheran nicht weiter detailliert, über die Zukunft Polens gibt es gar keine Einigung. Nur was den Iran betrifft, so kann man in der Abschlusserklärung nachlesen, dass das von den Alliierten teilweise besetzte Land nach dem Krieg seine Unabhängigkeit bekommen solle.
Stalin hat zu jener Zeit längst in Moskau Pläne ausarbeiten lassen für die Aufteilung Europas und den Ausbau des künftigen Machtbereichs der Sowjetunion. Er lässt deswegen auch seine Gesprächspartner im Ungewissen darüber, welche militärischen Pläne er hat. Und er zeigt sich deutlich unzufrieden mit deren Projekt, Deutschland und eine Reihe anderer Staaten in Mittel-Osteuropa zu friedlichen Agrarnationen zu machen. Stalin sieht hierin einen Versuch des Westen, den Vormarsch der Sowjets zu bremsen, und er tritt statt dessen für eine Balkanisierung Osteuropas und eine Schwächung Frankreichs und Italiens ein.
Der amerikanische Diplomat Charles E. Bohlen vermerkt dazu in Teheran: "Als Ergebnis wird die Sowjetunion zur einzig wichtigen militärischen und politischen Macht in Europa."
Zwei Jahre später die Konferenz von Jalta, vor allem aber die Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg, werden Bohlen weitgehend Recht geben.
Autor: Peter Philipp |
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