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24.11.1859: Die Veröffentlichung der Evolutionstheorie
Wir schreiben das Jahr 1859 - der härteste Schlag gegen die göttliche Weltordnung wird geführt. Charles Darwin, britischer Naturforscher, veröffentlicht sein Werk "Die Entstehung der Arten durch natürliche Auslese". 20 Jahre schrieb er an diesem Buch. 1.250 Exemplare werden gedruckt, am folgenden Tag sind alle ausverkauft. Darwins Schöpfungsgeschichte ist über Nacht zum Bestseller avanciert.

Allen frühen Anfechtungen zum Trotz, setzt sich Darwins Theorie im Wissenschaftsbetrieb durch. Zu erdrückend scheinen die Beweise aus dem Mutationslabor der Natur: Variation, Selektion, Stabilisierung der Selektion und immer wieder - der Zufall. Nach dem "Trial-and-Error-Prinzip" werden ganze Arten erschaffen und wieder ausgelöscht. Höhere Lebewesen haben sich aus niederen Formen entwickelt. Evolution heißt dieses Prinzip, und dieses Prinzip soll auch für den Menschen gelten.

Mit der "Beagle" um die Welt

Nach Darwin sind wir nichts anderes als aufrecht gehende Säugetiere. Der Schock des Jahrhunderts ist perfekt: Der Mensch ist nicht Ebenbild Gottes, sondern ein Nachkomme des Affen. Das traut sich Darwin zu dem Zeitpunkt so noch nicht zu sagen, aber geahnt haben muss er es. Denn getragen vom Forschergeist seiner Zeit reist Darwin an Bord der "Beagle" fünf Jahre um die Welt.

In dieser Zeit sammelt er all jene Beobachtungen, die er ein Leben lang auswerten und systematisieren wird. Darwin untersucht die unterschiedlichen geologischen Formationen der verschiedenen Kontinente und Inseln sowie eine Vielzahl lebender Organismen und Fossilien.

Auf den Galapagos-Inseln notiert er in seinem Forschungstagebuch, dass es auf jeder Insel des Archipels eigene Arten von Schildkröten, Drosseln und Finken gibt. Diese sind zwar eng verwandt, unterscheiden sich aber in ihrem Körperbau und ihrer Nahrung. Auf dieser Beobachtung basiert die Erkenntnis, alle einander ähnlichen Arten sind ursprünglich aus einer gemeinsamen Stammform hervorgegangen. Der Mechanismus, der alle Arten zur Veränderung und Anpassung an ihre Umwelt treibt, nennt Darwin "natürliche Selektion". Diese Selektion lässt nur die Stärksten überleben.

Auf seiner Reise um die Welt bekam Darwin die Gewissheit: Der Mensch ward nicht aus göttlichem Lehm geschaffen, vielmehr ist er vorläufiges Endprodukt einer biologischen Entwicklungslinie.

Das Joch der Biologie

Legt der Schöpfungsbericht der Bibel falsch Zeugnis ab? Ein Gott, der herumprobiert, sich irrt und auch jenseits strafender Sintfluten wieder ganz von vorne anfängt, passt nicht zu dem allmächtigen Schöpfer, wie er sich in der Bibel findet. Dieser Atheismus aus dem Geiste der Biologie lässt die Gläubigen nicht ruhen in ihren Beschuldigungen: Häretiker richten die Welt zugrunde.

Doch der Klerus ist vorsichtig geworden. Hat er nicht schon zweihundert Jahre zuvor anerkennen müssen, dass entgegen päpstlicher Anordnung und Inquisitions-Tribunalen, die Sonne sich doch nicht um die Erde dreht? Und jetzt das: nicht Gott hat alle Wesen geschaffen, sondern vor allem der Zufall!

Darwin beraubt den Menschen seiner Sonderstellung im Universum und zwingt ihn unter das Joch der Biologie. Auch der Mensch muss sich den Erfordernissen der natürlichen Umwelt anpassen -und er hat sich im Verlauf der Jahrhunderte und Jahrtausende mit ihr gewandelt.

Kreationismus

Eine Erkenntnis mit Folgen, v. a. für die christliche Welt. Und doch sind, dem wissenschaftlichen Fortschritt zum Trotz, nicht alle vom Glauben abgefallen. Im Gegenteil: Diese als Kreationisten bezeichneten Fundamentalisten haben in den USA Darwins "Affentheorie" seit ihrem Erscheinen den Kampf angesagt - mit Erfolg.

Der Einfluss dieser bibeltreuen Gefolgschaft führt dazu, dass auch heute noch in diversen US-amerikanischen Bundesstaaten der "Kreationismus" hartnäckig als Unterrichtsinhalt gelehrt wird. Im 21. Jahrhundert verbieten einzelne US-Bundesstaaten, die Existenz einer Evolutionstheorie im Unterricht überhaupt zu erwähnen. Mit Druckmitteln einer modernen Inquisition wurde dieser Beschluss an den Schulen durchgesetzt.

Stattdessen lehrte und lehrt man noch heute dogmatisch eine wortwörtliche Auslegung des biblischen Schöpfungsberichts. Auf Grund der in der biblischen Genesis verzeichneten Ahnenreihe wird behauptet, die Erde und auch das Weltall seien erst wenige tausend Jahre alt. Doch auch die Theorie der Kreationisten unterliegt dem Wandel.

Evolutionstheorie und christlicher Glaube: vereinbar

Heute führen ihre Jünger, Anhänger der sogenannten "Designtheorie", den Kampf gegen die Evolutionstheorie weiter. Das zentrale Argument der modernen Evolutionsgegner: Darwins natürliches Selektionsprinzip reiche nicht aus, um die Komplexität des Lebens auf der Erde zu erklären. Und "Komplexität" ist längst die Zauberformel modernen Theoriedesigns.

Da aber der Ursprung von Welt und Mensch viel zu ernst ist, als dass man ihn allein streitenden Wissenschaftlern überlassen könnte, eignet sich die Kontroverse vorzüglich, politische und gesellschaftliche Positionen zu besetzen. Neokreationismus versus Evolution wird zur politischen Glaubensfrage.

Wir schreiben das Jahr 1996 - Papst Johannes Paul der II. verkündet in Rom: Darwins Evolutionstheorie ist mit dem christlichen Glauben vereinbar.



Autorin: Barbara Fischer
   
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