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7.11.1918: Republik Bayern |
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Die Geschichte der Münchener Republik begann "auf der Wiesn". Für den Nachmittag des 7. November 1918 hatten die SPD und eine linke Splitterpartei, die USPD, zu einer Friedensdemonstration aufgerufen. Und einige Tausend Arbeiter, Soldaten und interessierte Bürger waren gekommen und versammelten sich an diesem sonnigen Herbsttag auf der Theresienwiese, auf der jedes Jahr das Oktoberfest gefeiert wird.
Ein friedliches Bild - und doch machte es der bayrischen Regierung einiges Kopfzerbrechen, denn seit die Niederlage im Ersten Weltkrieg unmittelbar bevor stand, gärte es zunehmend in der Bevölkerung. Zwar hatte der Leiter der SPD, Erhard Auer, der Regierung wiederholt versichert, die SPD sei nur an friedlichen Reformen interessiert. Aber da gab es ja auch noch die USPD mit Kurt Eisner. Und Kurt Eisner, ein jüdischer Journalist und Bilderbuch-Intellektueller mit langem Bart und Brille, redete nicht von Reformen, er redete von der Revolution.
Am Morgen des 7. Novembers hörte Karl Alexander von Müller, ein Münchener Publizist, von seinem Papierlieferanten: "Wissen Sie es schon, dass heute Nachmittag die Revolution ausbrechen wird? Ich hab es in der Nacht vom Oberkellner im Odeonkasino genau gehört: Eisner wird auf der Theresienwiese die Revolution ausrufen."
Der besorgte Publizist rief daraufhin im Innenministerium an. Aber der Minister wiegelte ab: "Lassens sich doch keinen Bären aufbinden. Vor fünf Minuten war der Abgeordnete Auer bei mir, der sagt: Eisner wird an die Wand gedrückt werden. Und vor einer Stunde hat der Kriegsminister noch einmal die Versicherung gegeben, das Militär wird standhalten. Nur nicht die Nerven verlieren, meine Herren."
Aber der Oberkellner des Odeon wusste es besser als der zuständige Minister. Eisner ruft die Revolution aus. Sein engster Mitarbeiter, Felix Fechenbach, gibt das Signal zum Aufbruch: "Dann trete ich vor, in Uniform, die rote Fahne in der Hand, erinnere daran, dass die Soldaten in den Kasernen zurück gehalten werden. Und dann: Soldaten! Auf in die Kasernen! Befreien wir unsere Kameraden! Es lebe die Revolution!"
Die Demonstranten marschieren zu den nächsten Kasernen. Überall schließen sich die Mannschaften den Revolutionären an, nirgendwo stoßen sie auf größeren Widerstand. In Münchens größtem Bierhaus, dem Matthäserbräu, werden die ersten Arbeiter- und Soldatenräte zusammengestellt. Noch in der Nacht besetzen bewaffnete Revolutionäre alle wichtigen Gebäude der Stadt.
Eisner und die gewählten Räte ziehen weiter zum Landtagsgebäude in der Prannerstraße. Dort lässt sich Kurt Eisner zum provisorischen Ministerpräsidenten wählen und ruft die Republik aus: "Volksgenossen! Um nach jahrelanger Vernichtung aufzubauen, hat das Volk die Macht der Zivil- und Militärbehörden gestürzt und die Regierung selbst in die Hand genommen. Die Bayrische Regierung wird hierdurch proklamiert. Die oberste Behörde ist der von der Bevölkerung gewählte Arbeiter- Soldaten- und Bauernrat, der provisorisch eingesetzt ist, bis eine endgültige Volksvertretung geschaffen werden wird. Die Dynastie Wittelsbach ist abgesetzt. Hoch die Republik!"
Gegen drei Uhr morgens rät Fechenbach dem erschöpften Eisner, sich ein wenig hinzulegen. Im Fraktionszimmer lässt sich Eisner auf das rote Plüschsofa fallen. Vor dem Einschlafen sagt er glücklich zu Fechenbach: "Ist es nicht etwas Wunderbares, wir haben eine Revolution gemacht, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen! So etwas gab es noch nicht in der Geschichte."
Am Nachmittag des nächsten Tages stellte Eisner schon sein erstes Kabinett vor. Innerhalb von 24 Stunden war Bayern von einer autokratischen Monarchie in eine linke Republik umgewandelt worden.
In den darauf folgenden Monaten suchte Kurt Eisner in Bayern einen Mittelweg zu finden zwischen einer bürgerlich-parlamentarischen Demokratie, wie sie in Berlin von Friedrich Ebert angestrebt wurde, und einer Rätediktatur, wie sie die Kommunisten forderten.
Der Erfolg des bayerischen Experiments dauerte allerdings nicht länger als drei Monate. Am 21. Februar 1919 wurde Kurt Eisner von einem Rechtsradikalen erschossen - was folgte war der Bürgerkrieg und die überaus blutige Niederschlagung der linken Räterepublik.
Autorin: Rachel Gessat |
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