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19.4.1945: Leipzig befreit |
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Es war ein strahlend schöner Frühlingstag, dieser 19. April 1945, an dessen Abend Leipzig US-amerikanisch war. Nur noch das Neue Rathaus und das Völkerschlachtdenkmal befanden sich in deutscher Hand. Dort hatte sich der deutsche Kampfkommandant der Stadt, Oberst von Poncet, mit gut 300 Soldaten, Volkssturmmännern und Hitlerjungen verschanzt.
Am Morgen dieses Tages hatte sich Reichspropagandaminister Joseph Goebbels noch einmal beschwörend an alle Deutschen gewandt: "Tapfer einen Kampf, der unausweichlich und unvermeidlich ist, auf sich zu nehmen, mit reinem Gewissen und reinen Herzen aufrecht vor seinem Schicksal zu stehen, alles Leid und jede Prüfung zu erfragen, aber niemals auch nur mit einem Gedanken daran zu denken, in der qualvollen Stunde der letzten Entscheidung wankend zu werden und die Flinte ins Korn zu werfen. Das ist nicht nur männlich, das ist auch im besten Sinne deutsch."
Und Oberst von Poncet harrte im Völkerschlachtdenkmal aus, ein 150 Mann starker Volkssturm-Trupp hatte sich im Rathaus verbarrikadiert. Doch das Aufbäumen am Regierungssitz währte nur kurz. Ein deutscher Feuerwehrmann, Parlamentär der US-Amerikaner, bewegte die letzten Kämpfer am frühen Nachmittag dieses 19. April 1945 zur Aufgabe. Nachdem sich die führenden Parteigrößen, Oberbürgermeister und Kämmerer, im Turmzimmer des Rathauses erhängt hatten, mochten auch die in den letzten Kriegstagen zusammengetrommelten Volkssturmmänner der Übermacht nicht länger trotzen.
Die Eroberung der Stadt
Die weitere Eroberung der Stadt war für die vorrückenden US-Amerikaner kein allzu großes Problem mehr. Die Leipziger begrüßten die müden, aber siegessicheren GIs mit weißen Fahnen, erinnerte sich ein US-Kriegsveteran: "Es gab keinen allzu großen Widerstand, würde ich sagen, soweit ich mich erinnern kann. Es gab einzelne Gegner in der Nähe des Bahnhofs."
Mit nur 21 Mann übernahmen zwei US-amerikanische Offiziere kampflos die Kasernen im Norden, ohne größere Probleme wurde auch der Süden besetzt.
Am Abend war Leipzig erobert - einzig und allein der kleine Haufen im Völkerschlachtdenkmal dachte nicht ans Aufgeben. Erste Angriffe wurden zurückgeschlagen, es gab Tote und Verwundete - erst als ein Geschoss durch ein Fenster ins Innere flog und dort explodierte war Oberst von Poncet zu Verhandlungen bereit.
Gehorsam der Verblendeten
Den ersten Vermittlungsversuch unternahm eine Delegation Leipziger Frauen - erfolglos. Den zweiten Anlauf startete mit angriffsbereiten Truppen im Rücken Hans Trefousse, ein in die USA emigrierter Deutscher. Man traf sich am Andenkenstand. Doch Oberst von Poncet lehnte die Übergabe ab. Noch galt der sinnlose Führerbefehl, in "arisch-germanischer Gefolgschaftstreue" gehorchten die letzten Verblendeten der Goebbelschen Losung: "Führer befiehl, wir folgen."
Elf Tage später war dieser Führer tot, Selbstmord. Doch obwohl das nationalsozialistische Deutschland in diesen Tagen nur noch über gigantische Schuttberge und einen Bunker acht Meter unter der Erde Berlins gebot, musste die Wahrheit vertuscht werden. Die amtliche Mitteilung lautete damals: "Aus dem Führerhauptquartier wird gemeldet, dass unser Führer Adolf Hitler heute Nachmittag in seinem Befehlstand in der Reichskanzlei bis zum letzten Atemzuge gegen den Bolschewismus kämpfend für Deutschland gefallen ist. Am 30. April hat der Führer den Großadmiral Dönitz zu seinem Nachfolger ernannt."
Am Ende des Tages
Am 19. April 1945 in Leipzig aber kam es zu dramatischen Verhandlungen. Oberst von Poncet glaubte nach wie vor an den Endsieg und prophezeite dem deutsch-amerikanischen Gesandten, dass man sich in vier Jahren in Sibirien sehen werde. Der Gesandte argumentierte dagegen mit Kleists Drama "Prinz von Homburg": Dessen Held hatte eine Schlacht gewonnen, weil er einem Befehl zuwider handelte.
Tief in der Nacht dieses ereignisreichen Tages ergab sich der Oberst. Auf Ehrenwort wurden er und seine Offiziere auf 48 Stunden zu ihren Familien entlassen. Nach Ablauf der Frist meldeten sich alle - bis auf einen - in die Gefangenschaft. Die einfachen Soldaten, Volkssturmmänner und Hitlerjungen wurden hingegen sofort auf Lastwagen verladen und in Kriegsgefangenenlager verfrachtet.
Autorin: Gerda Gericke |
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