 |
 |
 |
 |
 |
|
22.7.1946: Sowjetunion ließ deutsche Kriegsgefangene frei |
|
 |
 |
|
 |
"Aus dem Führerhauptquartier gibt das Oberkommando der Wehrmacht bekannt: Zur Abwehr der drohenden Gefahr aus dem Osten ist die deutsche Wehrmacht am 22. Juni, drei Uhr früh, mitten in den gewaltigen Aufmarsch der feindlichen Kräfte hineingestoßen. Die Geschwader der deutschen Luftwaffe stürzten sich noch in der Dämmerung des Morgens auf den sowjetrussischen Feind."
So begann am 22. Juni 1941 der von Adolf Hitler systematisch herbeigeführte Krieg gegen die Sowjetunion. Dass dieses "Unternehmen Barbarossa" - so der Tarnname - aber eine besondere Qualität bekam, lag nicht nur an dem entsprechenden Vorgehen von Wehrmacht und SS, sondern auch an der spezifischen sowjetischen Reaktion auf den deutschen Einmarsch.
Die völkerrechtswidrige Kriegführung der Truppen gegeneinander setzte auf beiden Seiten irrationale Leidenschaften und Rachebedürfnisse frei, die den besonderen Charakter des deutsch-sowjetischen Krieges mitbestimmten.
Stalingrad
Hitler und der größte Teil seiner militärischen Führung waren davon ausgegangen, auch die Sowjetunion mit dem "Unternehmen Barbarossa" in einem Blitzkrieg besiegen zu können. Erst Stalingrad brachte die entscheidende Wende. Die 6. Armee unter General Friedrich Paulus war eingekesselt, am 31. Januar 1943 kapitulierte sie. Die obligatorische Sondermeldung ließ dies nicht verheimlichen: "Aus dem Führerhauptquartier, 3. Februar 1943. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt: Der Kampf um Stalingrad ist zu Ende. Ihrem Fahneneid getreu, ist die 6. Armee unter der vorbildlichen Führung des Generalfeldmarschalls Paulus der Übermacht des Feindes und der Ungunst der Verhältnisse erlegen."
Unter extremen Witterungsverhältnissen wurden nach langen und sehr schweren Kämpfen neben vermutlich 93.000 einfachen Soldaten und zum ersten Mal in großer Zahl auch Offiziere in die Gefangenschaft geführt. Sie hatten bis zuletzt den wahnwitzigen Durchhaltebefehlen Hitlers gehorcht und sich so mitschuldig gemacht an der Tragödie von Stalingrad.
Nationalkomitee "Freies Deutschland" (NKFD)
Einige von ihnen lösten sich innerlich von Hitler und von ihrem soldatischen Eid und schlossen sich dem Nationalkomitee "Freies Deutschland" (NKFD) an. Das NKFD wurde im Juli 1943 im Auftrag von Josef Stalin gegründet, Ziel war es, den Widerstand innerhalb Deutschlands gegen das Regime zu stärken. Neben Moskauer Emigranten - unter anderen Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht - erhielt es auch unübersehbaren Zulauf von politisch nicht in kommunistischem Sinne festgelegten Gefangenen. Durch Zeitschriften, Flugblätter und über den Rundfunk appellierten sie an die Öffentlichkeit: "Deutsche Soldaten und Offiziere. Hier spricht Leutnant Heinrich Graf von Einsiedel vom Jagdgeschwader Udet, ein Urenkel des Eisernen Kanzlers, des Fürsten Bismarck. Kameraden der Luftwaffe und des Landheeres: im Raum von Stalingrad, wo jetzt viele deutsche Divisionen eingekesselt sind, bin ich Ende August dieses Jahres durch Abschuss meines Flugzeuges in Gefangenschaft geraten. Ich kenne das Kampfgebiet von Stalingrad von zahlreichen Feindflügen. Es ist klar, dass die jetzt dort eingekesselten Truppen infolge der russischen Offensive in eine aussichtslose Lage geraten sind. Ich sage meinen Stalingrader Kameraden und allen, die jetzt an anderen Abschnitten der Ostfront in die gleiche Lage gekommen sind: Mein Urgroßvater Bismarck hat recht gehabt, wenn er stets betonte, Deutschland solle nie einen Krieg mit Russland beginnen. Einen solchen Riesenstaat kann Hitler nie besiegen. Vermeidet sinnloses Blutvergießen."
Kriegsgefangenschaft
Man geht heute davon aus, dass bis Kriegsende 5,7 Millionen sowjetische Soldaten in deutsche Kriegsgefangenschaft gerieten, von denen etwa 3,3 Millionen ums Leben kamen. Mehr als die Hälfte aller deutschen Soldaten war während des gesamten Zweiten Weltkrieges an der Ostfront: 1941/1942 waren es 70 Prozent. 3,15 Millionen deutsche Kriegsgefangene waren in der Sowjetunion, wo sie unter entsetzlichen Strapazen körperlicher und seelischer Art zum Wiederaufbau des Landes eingesetzt wurden. Von den Früh- und Stalingradgefangenen überlebten nicht mehr als zehn Prozent. Die Überlebensquote stieg jedoch schließlich auf 70 Prozent.
Die meisten Todesfälle ereigneten sich kurz nach der Gefangennahme. Meistens wurden die Gefangenen in langen Kolonnen zu Fuß durch eisige Kälte oder in glühender Hitze und in zerschlissener Ausrüstung in Lager geführt. Kranke und Sterbende, die zu Boden fielen und nicht versorgt werden konnten, wurden von den Wachmannschaften erschossen.
Körperliche Erschöpfung, Hunger, Krankheiten, psychische Anspannung, Angst, Ungewissheit über das weitere Schicksal forderten nicht nur Todesopfer unter den Lagerinsassen, sondern hinterließen auch bei den Überlebenden bleibende Wunden. Die Sowjetunion ließ die ersten von ihnen am 22. Juli 1946 frei, die letzten 1955.
|
 |
|
 |
|
|
|
 |
|
 |
|
|
|
 |
|
|
 |
|