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30.6.1905: Einsteins Relativitätstheorie
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Der 6. August 1945. Über Hiroshima explodiert eine Atombombe. Albert Einstein erfährt von diesem Ereignis aus dem Radio. Sein Leben lang hatte der Physiker und Pazifist gegen den Krieg gekämpft, dennoch hat Einstein in mehrfacher Hinsicht zur Entwicklung der Atombombe beigetragen. Er schuf nicht nur die theoretischen Grundlagen, sondern schrieb im August 1939 auch einen folgenschweren Brief an den US-amerikanischen Präsidenten Roosevelt: "Sehr geehrter Herr! Einige mir vorliegende Arbeiten lassen mich annehmen, dass das Element Uran in naher Zukunft in eine neue wichtige Energiequelle verwandelt werden könnte. Im Verlauf der letzten vier Monate wurde es wahrscheinlich, dass es möglich werden könnte, nukleare Kettenreaktionen in einer großen Menge Uran auszulösen. Das neue Phänomen würde auch zum Bau von Bomben führen, und es ist vorstellbar, dass extrem starke Bomben eines neuen Typs konstruiert werden könnten."

Albert Einstein befürchtete, dass die Nationalsozialisten in Deutschland eine Atombombe bauen könnten. Mit seinem Brief gab er den Anstoß zum US-amerikanischen Atombombenprojekt.

Unabhängigkeit

Zu diesem Zeitpunkt ist Einstein 60 Jahre alt. Unumstritten ist er der Superstar der sogenannten "neuen Physik". Seit sechs Jahren lebt er mit seiner Familie in Princeton in den USA. Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, hatte Einstein Deutschland verlassen. In Princeton arbeitet er jetzt daran, seine Theorien zu vervollkommnen.

Zeit für Einstein eine erste Lebensbilanz zu ziehen: "Zu den Menschen zu gehören, die ihre besten Kräfte der Beobachtung und Erforschung der objektiv nicht zeitgebundenen Dinge widmen dürfen und können, bedeutet eine besondere Gnade. Wie froh und dankbar bin ich, dass ich dieser Gnade teilhaftig geworden bin, die mich weitgehend vom persönlichen Schicksal und vom Verhalten der Mitmenschen unabhängig gemacht hat."

Unabhängigkeit, das ist das Schlüsselwort für Einsteins Charakter, aber auch für seine wissenschaftliche Karriere. Das Kind eines jüdischen Kaufmanns aus Ulm fällt schon in der Schule hauptsächlich durch Disziplinlosigkeit auf: Ein guter Schüler ist er nicht, das Gymnasium in München muss er vor dem Abitur verlassen, das Polytechnikum in Zürich akzeptiert ihn erst nach einigen Umwegen, und im Anschluss an das Studium ist an eine akademische Laufbahn zunächst nicht zu denken. Einstein arbeitet als Patentbeamter in Bern.

Die Theorie der Lichtquanten

"Gott schuf den Esel und gab ihm ein dickes Fell" - mit diesem Spruch hat sich Einstein nach beruflichen Niederlagen immer wieder getröstet. Doch die Zeit im Patentamt ist für Einstein keineswegs verloren. Seinen Feierabend verbringt Einstein regelmäßig in der Universität.

Entscheidend ist das Jahr 1905. Das damals von den meisten noch verkannte Genie veröffentlicht mehrere Aufsätze, darunter auch eine Arbeit, die ihm 16 Jahre später den Nobelpreis einbringen wird, über die Theorie der Lichtquanten.

"Dass Einstein in seinen Spekulationen gelegentlich einmal auch über das Ziel hinausgeschossen haben mag, z.B. in seiner Hypothese der Lichtquanten, wird man ihm nicht allzu sehr anrechnen dürfen. Denn ohne einmal ein Risiko zu wagen, lässt sich auch in der exakten Wissenschaft keine wirkliche Neuerung einführen." Soweit Max Planck, der - wie viele andere - mit den Ideen des jungen Gelehrten zunächst wenig anfangen kann.

Die Relativität von Zeit und Raum

Das gilt auch für einen weiteren Aufsatz aus dem Jahr 1905. "Zur Elektrodynamik bewegter Körper", lautet der etwas unscheinbare Titel. Auf 30 knappen Seiten präsentiert Einstein darin eine Theorie, die nicht nur der menschlichen Anschauung völlig entgegenläuft, sondern auch die gesamte Physik umkrempelt. Laut Einstein sind Raum und Zeit nicht absolut, sondern relativ, sie hängen vom Standpunkt des Beobachters ab. Diese "Relativitätstheorie" empfanden viele seiner Zeitgenossen als eine Zumutung, nicht nur die Physiker, sondern genauso die Theologen und Philosophen.

Der Slogan "Alles ist relativ" - wurde seitdem zu einem geflügelten Wort. Doch auch im Einsteinschen Kosmos gibt es eine Konstante, die Lichtgeschwindigkeit. Sie spielt eine wichtige Rolle in der Formel, die seitdem zu einer Art Erkennungszeichen für Einsteins Theorie geworden ist: "E=m*c*c". Die Energie ist gleich Masse mal dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit.

Einstein beweist, dass die klassischen physikalischen Regeln auf Körper, die sich schnell bewegen, nicht angewendet werden können. Eine Erkenntnis, die sich in den folgenden Jahren in zahllosen Anwendungen bewährt hat, im ganz Großen wie im winzig Kleinen. Mit Hilfe der Formel lässt sich der Energiehaushalt der Sonne genauso verstehen, wie die Vorgänge im Inneren einer Atombombe.

Der Aufsatz "Zur Elektrodynamik bewegter Körper", der Text, der das 20. Jahrhundert prägte wie kein anderer, geht am 30. Juni 1905 bei der Redaktion der "Annalen der Physik" ein und wird am 28. September des Jahres veröffentlicht.


Autor: Holger Hank
   
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