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6.7.1885: Impfstoff gegen Tollwut
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Am frühen Abend des 6. Juli 1885 erreichten der neunjährige Joseph Meister, seine Mutter sowie ein Begleiter Louis Pasteur in Paris. Der Junge war zwei Tage zuvor von einem tollwütigen Hund gebissen worden - würde die Krankheit auch bei ihm ausbrechen? Würde er sterben? Seit fünf Jahren forschte Pasteur schon an der Entwicklung eines geeigneten Impfstoffes. Er hatte infizierten Hunden über mehrere Tage getrocknetes Knochenmark gespritzt. Das Mark stammte von tollwütigen Kaninchen und wurde in stetig stärker werdenden Konzentrationen, sogenannten Passagen, verabreicht. An Menschen hatte er diese Methode noch nie angewandt. Joseph Meister sollte der erste sein.

Fünf Tage später schrieb Pasteur an seinen Schwiegersohn: "Der Junge schläft gut, sein Appetit ist ausgezeichnet. Er hat den Impfstoff ohne Nebenwirkungen aufgenommen. Wenn er in drei Wochen noch immer gesund ist, werde ich dieses Experiment als gelungen betrachten."

Erfolgreiche Behandlung

Joseph Meister überlebte. Bereits im Oktober desselben Jahres hatte Pasteur erneut Gelegenheit, seine Methode zu überprüfen. Der 15-jährige Schäfer Jean-Baptiste Jupille war mehrfach von einem tollwütigen Hund gebissen worden. Auch er wurde zu Pasteur gebracht und erfolgreich behandelt. Schnell sprach sich die Entwicklung des neuen Impfstoffes bis weit über die Landesgrenzen herum.

Im Dezember 1885 schrieb Pasteur in einem Brief: "Ich behandele heute die 104. Person. Wer hätte an so viele Opfer geglaubt. Die meisten sind aus Frankreich, aber man kommt schon aus England, Russland, Ungarn, Italien, Deutschland".

Kritik und Zweifel

Doch Pasteur stand auch in der Kritik. Sein überaus selbstbewusstes Auftreten in der Öffentlichkeit gefiel nicht jedem. Man warf ihm vor, nicht erprobte Impfstoffe an Menschen angewandt und falsche Verfahrensangaben gemacht zu haben. Während sich Pasteur schnell sicher war, ein Mittel gegen Tollwut gefunden zu haben, zweifelten andere Wissenschaftler an diesem Ergebnis: Schließlich führt der Biss eines tollwütigen Tieres nur in zehn Prozent aller Fälle zum Ausbruch der Krankheit.

Christoph Gradmann, Professor für Geschichte der Medizin an der Universität Oslo sagt dazu: "Es gab weniger Zweifel an der Verfahrensmethode hinsichtlich der Wissenschaftlichkeit. Dass man durch Abschwächung des Erregers solche Impfstoffe herstellen kann, das war ja am Beispiel des Milzbrandes einigermaßen dokumentiert. Die Kritiken, auch innerhalb von Pasteurs eigenem Mitarbeiterkreis, richteten sich eher gegen das Vorgehen bei der Erprobung: dass man das Tollwutserum an einem Menschen erprobt hat, von dem nicht mal klar war, ob er überhaupt ein Patient ist."

Mitbegründer der Mikrobiologie

Doch Pasteurs Schlussfolgerungen erwiesen sich als richtig. Es war ein weiterer Höhepunkt in seiner außergewöhnlichen Karriere. Bereits in früheren Arbeiten hatte Pasteur Wirkstoffe gegen Milzbrand und Hühnercholera erforscht. Er hatte eine Methode zum Haltbarmachen von Lebensmitteln das "Pasteurisieren" entwickelt. Und auch das Sterilisieren medizinischer Geräte in Krankenhäusern geht auf seine Arbeiten zurück. Er rettete unzähligen Patienten damit das Leben. Zusammen mit Robert Koch gilt Pasteur als Begründer der Mikrobiologie, einer Wissenschaft, die die Medizin nachhaltig revolutionierte.

Professor Christoph Gradmann dazu: "Dass ansteckende Krankheiten verursacht werden, möglicherweise durch irgendeinen Stoff, das hat man vorher auch schon vermutet. Die Leistung von Koch und Pasteur besteht darin, dass sie diesen traditionellen Gedanken auf die Höhe der naturwissenschaftlichen Medizin des 19. Jahrhunderts gebracht haben. Sie haben ihn vergegenständlicht in einem Bakterium, auf das man fokussieren und gegen das man vorgehen konnte."


   
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