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16.2.1994: Erster Fixer-Raum Deutschlands |
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Man kann Drogen gesetzlich verbieten und auch ihren Konsum unter Strafe stellen - doch wie bringt man Abhängige dazu, von ihrer illegalen Droge auch tatsächlich zu lassen? Nun sind Zwangsmaßnahmen mit den Freiheitsrechten des Einzelnen nicht vereinbar. Diese Einsicht führte Mitte der 1990er-Jahre zu einem Umdenken in der bundesdeutschen Drogenpolitik.
Weißer Linienbus
Für den ausrangierten weißen Linienbus ist Hamburg-Billstedt am 16. Februar 1994 der einzige Halt. Seine Türen sind weit geöffnet. Der Bus wartet allerdings nicht auf Fahrgäste, um sie aus dem etwas abgelegenen Billstedt in andere Stadtteile Hamburgs zu fahren. Der Bus wartet auf Drogenabhängige. Sechs Stunden lang wird er an diesem Nachmittag an der Straße stehen. "Drug-Mobil" steht groß vorne auf dem Bus. An der Seite prangt für alle sichtbar das Logo von "freiraum hamburg e.V."
Das Drug-Mobil ist der erste Drogenkonsumraum Deutschlands. Abhängige sollen hier die Möglichkeit haben, selbst mitgebrachte Drogen unter hygienischen Bedingungen zu konsumieren.
Norbert Dworsky, damals Geschäftsführer und Koordinator von "freiraum hamburg e.V." hat das Projekt "Drug-Mobil" ins Leben gerufen, er meinte dazu: "Das Drug-Mobil gab auf verschiedene Problemlagen Antwort. Also in aller erster Linie natürlich auf die Probleme der Junkies. Im Drug-Mobil wurden Überlebenshilfen angeboten: Aids-prophylaktische Maßnahmen, medizinische Maßnahmen, Beratung, bis hin zum Ausstieg. Erwartet wurde von der Politik, mit der Einrichtung des Drug-Mobils, das an einer dezentralen Stelle in Hamburg aufgebaut wurde, eine Szeneentlastung am Hauptbahnhof in der Mitte der Stadt stattfinden würde."
Drug-Mobil
Das Drug-Mobil fährt nicht nur nach Billstedt, um die Drogensüchtigen aus der Stadtmitte herauszuholen. Im Bus haben sie die Möglichkeit, eine alte Spritze gegen eine neue einzutauschen.
In jeder Schicht fahren vier Mitarbeiter von "freiraum hamburg" mit. Es sind Sozialarbeiter, Krankenschwestern oder Pfleger. Sie versorgen die Wunden der Junkies, klären über die Infektionsgefahr auf und bieten Hilfe an. Mit ihrem Engagement machen sie sich jedoch strafbar. Denn auf das "Schaffen einer Gelegenheit zum Drogenkonsum" steht 1994 laut Betäubungsmittelgesetz noch bis zu fünf Jahren Haft.
Vorreiterrolle
Ursprünglich war geplant, dem ersten Konsumraum für Drogen eine feste Adresse zu geben. Doch immer wenn "freiraum hamburg" den Vermietern ihr Vorhaben erklärt, machen die einen Rückzieher. Und auch die zukünftigen Nachbarn sind nicht begeistert.
Kurzerhand ersteigert Norbert Dworsky für umgerechnet 15.000 Euro einen ausgedienten Linienbus. Das Drug-Mobil ist geboren. Finanziell gefördert wird das Projekt durch den Hamburger Senat. Doch nicht alle Politiker stehen hinter ihm. Die Gegner des Projekts argumentieren, das Drug-Mobil fördere die Drogenabhängigkeit, statt sie zu bekämpfen.
Etwa 15. 000 Drogenabhängige leben in den 1990er-Jahren in Hamburg. Das Drug-Mobil im Stadtteil Billstedt kann daher nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein sein. Das Drug-Mobil bekommt eine Vorreiterrolle für ähnliche Modelle in anderen Bundesländern. Im März 2000 ändert die Bundesregierung auf Grund der positiven Erfahrungen das Betäubungsmittelgesetz. Drogenkonsumräume sind seitdem legal. Dem Drug-Mobil nutzt diese Gesetzesänderung auf Dauer wenig: Im Dezember 2003 streicht der Hamburger Senat seine Förderung, und das Projekt wird eingestellt.
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